© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/02 01. März 2002

 
ZDF-History: Kriegsgefangene
Moritz Schwarz

Einen überraschenden Erfolg können die Produzenten des Kriegsgefangenendramas „So weit die Füße tragen“ verbuchen. In der ersten Märzhälfte wird sich Guido Knopp im Rahmen einer „History spezial“-Sendung mit aus sowjetischer Lagerhaft geflohenen deutschen Kriegsgefangenen beschäftigen. Nach der fehlgeschlagenen Presseveranstaltung während der Berlinale (JF 10/02), „freuen wir uns um so mehr über diesen Erfolg“, so Produzent Jimmy Gerum.

Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT erklärte die „History“-Redaktion allerdings, daß „wir durch die Arbeit an der neunteiligen Dokumentation ‚Der Jahrhundertkrieg‘ auf dieses Kapitel gestoßen sind, das Thema also schon seit längerer Zeit im Auge haben“. Die Agentur „Presse-Partner“, die den Kinofilm medial betreut, sieht dagegen die Entscheidung des ZDF als Ergebnis ihrer Bemühungen: „Wir haben uns schon vor dem Kinostart intensiv um die ZDF-Redaktion Zeitgeschichte bemüht.“ Die Chefin von „Presse-Partner“, Margit Preiss, sieht zudem eine Verbindung zur aktuellen Grass-Debatte: „Anders als uns die Feuilletons immer weismachen wollten, waren auch Deutsche Opfer des Krieges, und das darf seit neuestem eben laut gesagt werden.“ Auch ein Mitarbeiter der „History“-Redaktion bestätigt gegenüber der JF: „Tatsächlich sind heute ganz andere Fragestellungen möglich, als noch vor ein paar Jahren. Heute dürfen auch die deutschen Opfer wieder ihre Stimme erheben bzw. werden auch gehört.“

Pikant ist, daß das ZDF einen Ankauf der Neuverfilmung von „So weit die Füße tragen“ für eine Fernsehauswertung noch vor Beginn der Grass-Debatte abgelehnt hatte. Nun aber sollen immerhin Ausschnitte aus dem Film gezeigt werden, denn, so die „History“-Redaktion, „Bildmaterial zu diesem Thema ist selbstverständlich äußerst rar“. Ob „History“ allerdings auch die Identität des Landsers Clemens Forell, dessen Name sich der Autor des Romans 1954 ausgedacht hatte, lüften wird, ist fraglich, denn es gebe „gewisse Leute, die eine Offenlegung der Identität nicht wünschen“. Unterdessen sieht Bastian Clevé, Drehbuchautor des Kinofilms, eine deutliche Wende in der Rezeption seines Filmes: „Nach anfänglich sogar gemeinen Kritiken, setzt nun eine Welle differenzierter Betrachtungen ein.“

Dazu paßt die Entscheidung des SFB, der bereits vor vierzehn Tagen einen Abend der Wiederholung der vierstündigen Fernsehverfilmung von 1959 widmete: „Durchaus“, wie die Programmdirektion gegenüber der JF einräumte, „mit Bezugnahme auf den neuen Kinofilm“.


 
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