© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/02 08. März 2002

 
Bier im Betonmischer
Kino I: „Was nicht paßt, wird passend gemacht“ von und mit Peter Thorwarth
Werner Olles

Seit Peter Thorwarths Kultfilm „Bang Boom Bang - Ein todsicheres Ding“ gilt der Ruhrpott als die in Deutschland am besten geeignete Kulisse für mehr oder weniger originelle Proletarier-Komödien. Detailgenaue Milieustudien mit skurrilen Charakteren, makabren Zwischentönen, turbulenten Gags und dazu noch angereichert mit hübsch-romantischen Liebesgeschichten, in den Haupt- und Nebenrollen die üblichen Ruhrpott-Unikate wie Ralf Richter, Willi Thomczyck, Hilmi Sözer und „Tatort“-Kommissar Dietmar Bär, da kann doch eigentlich kaum noch etwas schief gehen. Tatsächlich ist „Was nicht paßt, wird passend gemacht“ eine durchaus witzige und originelle Komödie, die auf Thorwarths gleichnamigem Oscar-nominierten Kurzfilm aus dem Jahre 1996 basiert.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Der aus Horst, Kümmel und Kalle bestehende, dreiköpfige Bautrupp des kurz vor der Pleite stehenden Bauunternehmers Werner Wiesenkamp bekommt vom Chef den Architekturstudenten Philipp als Praktikanten aufs Auge gedrückt. Man fügt sich murrend, und während der Neuling als erstes den Betonmischer anwirft und damit die darin lagernde tägliche Bierration des Trios vernichtet, bringt der Boss endlich den versprochenen polnischen Arbeiter vom „Polenstrich“ vorbei. Aber der arme Kerl fällt schon beim ersten Arbeitsversuch vom Gerüst und macht keinen Mucks mehr. Als endlich der Rettungswagen eintrifft, ist der Pole wie vom Erdboden verschluckt. Und Bauunternehmer Wiesenkamp einigt sich nach langwierigen Verhandlungen mit seinen Leuten auf ein Schweigegeld von 50.000 Mark.

Bis dahin geht der Film glatt als urige Milieu-Komödie durch. Sogar daß Marek in Wahrheit natürlich gar nicht tot ist, sondern quietschvergnügt seinen wohlverdienten Anteil am Schweigegeld in diversen Bars und Puffs genießt, mag man noch glauben. Auch daß Philipp (Peter Thorwarth) sich in Astrid (Alexandra Maria Lara), das attraktive Töcherchen des Poliers Horst, verliebt hat und sie in ihn, ist völlig in Ordnung. Selbst Kalles Billigbau-Ideen, mit denen er das stark ökologisch angehauchte Bauherren-Lehrer-Ehepaar an der Nase herumführt, Wiesenkamps plötzliche Pleite und das Angebot des Quartetts, nunmehr auch ohne Lohn weiter zu arbeiten, lassen sich mit einigem guten Willen nachvollziehen. Doch zum Schluß kriegt der Film irgendwie nicht mehr die Kurve. Wenn Wiesenkamp mit der Fliegerbombe, die seine Jungs kurzerhand in das Öko-Haus einbetoniert haben, die Finca seines verhaßten Bruders Ernst auf Mallorca bombardieren will, weil seine Frau mit fliegenden Fahnen zu dem erfolgreicheren Teil der Familie gewechselt ist, wird die Sache ziemlich unrealistisch. Thorwarth, der auch am Drehbuch mitgeschrieben hat, verzettelt sich hier zusehends.

Gewidmet ist „Was nicht paßt, wird passend gemacht“ dem verstorbenen Schauspieler Diether Krebs, der in der Kurzfilmversion die Rolle des Bauunternehmers Willi Wiesenkamp spielte. In der Spielfilmversion wurde der Part durch einen dramaturgischen Kniff nicht wieder besetzt, Dietmar Bär spielt statt dessen Willis Sohn Werner. Belegt wird dieser nette Kniff durch eine Fotomontage, auf der man Diether Krebs alias Wiesenkamp gemeinsam mit seinen Söhnen Werner und Ernst sieht. Auch der Ruhrpott kennt seine kleinen Dramen und Tragödien.


 
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