© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/02 15. März 2002


Revanche
von Bernd-Thomas Ramb

Entrüstete Proteste der Europäischen Union folgten der Ankündigung des US-Präsidenten Bush, auf importierten Stahl einen Schutzzoll von bis zu 30 Prozent zu erheben. Für die Exportspezialitäten der deutschen Stahlindustrie, rostfreien Stabstahl und Röhren, gelten immerhin noch 15 Prozent Aufschlag. Das Lamento des Bundeskanzlers weist somit durchaus auf schmerzhafte Eingriffe in den freien Welthandel, wenngleich es die globalen Billigstahlanbieter, insbesondere aus Asien, härter trifft. Globalisierungsgegner sollten allerdings frohlocken, denn die Entwicklungsländer sind von dieser Regelung ausgenommen.

Nun sind Zölle prinzipiell als welthandelsschädlich anzusehen, auf jeden Fall langfristig. Angebliche Vorteile, etwa Schutz der eigenen Produktionskapazitäten oder Vermeidung branchenspezifischer Arbeitslosigkeit, erweisen sich lediglich als ein Spiel mit der Zeit. So werden die amerikanischen Stahlkocher auch durch einen Schutzzoll nicht von der Notwendigkeit tiefgreifender Rationalisierungen und produktionstechnologischer Reformen verschont. Die Drohung der Europäer, im Gegenzug Strafzölle auf Exportprodukte der Amerikaner zu erheben, beeindruckt dagegen kaum, wie auch der Gang zum Schiedsgericht der Welthandelsorganisation WTO sich zu einer langwierigen Prozedur entwickeln dürfte. Gerade die EU aber muß sich in punkto Schutzzölle und Handelsgerichtsverfahren an die eigene lange Nase fassen. Schließlich bringt sie seit Jahrzehnten mit ihren Agrarzöllen die Amerikaner nachgerade zur Weißglut.


 
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