© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/02 15. März 2002

 
Politischer Elan wird ausgebremst
Hessen: Das erste Landestreffen der Schill-Partei endete ernüchternd
Peter Freitag

Etwa 200 Interessierte und Mitglieder der Schill-Partei in Hessen trafen sich am 9. und 10. März im Frankfurter Ruderclub zum ersten landesweitenTreffen. Eigenen Angaben zufolge verfügt die Partei Rechtsstaatlicher Offensive in diesem Bundesland bereits über 500 Mitglieder, die jedoch noch nicht in einem Verband zusammengefaßt sind.

Geleitet wurde die Versammlung von Peter Lorkowski, als Koordinator in Hamburg zuständig für die Ausdehnung der Partei nach Hessen. Unter zahlreichen Teilnehmern des Treffens regte sich jedoch frühzeitig Unmut über den Verhandlungsstil von Lorkowski und seinem Mitarbeiter Hagen Riemann. So wurde kritisiert, daß der im Auditorium spürbare Wunsch nach konkreten Schritten zur Gründung eines hessischen Landesverbandes nicht gefördert, sondern mit Hinweisen auf die Parteisatzung unterbunden wurde.

Die Satzung der Schill-Partei schreibt vor, daß zunächst als Ebene für den Aufbau eines Landesverbandes Ortsverbände gegründet werden müssen. Die Kritiker gaben zu bedenken, daß ein solches Verfahren zwar in einem Stadtstaat, nicht jedoch in einem Flächenland sinnvoll sei. Ihre Hoffnung ist, daß der Bundesparteitag am 27. April die Satzung diesbezüglich modifizieren wird. Ein Teilnehmer des Treffens machte gegenüber der JUNGEN FREIHEIT deutlich, daß eine Professionalisierung bei der Aufbauarbeit für den Landesverband dringend geboten sei, da sonst zu viele an einer bürgerlich-konservativen Partei Interessierte wieder abspringen würden, wenn das Projekt wegen „politischer Amateure“ zu scheitern drohe. Um dieser Misere abzuhelfen, sei insbesondere die Bestellung eines Bundesgeschäftsführers dringend geboten.

Außer organisatorischer Inkompetenz warfen einige unzufriedene Teilnehmer des Treffens Lorkowski vor, er habe inhaltlich dilettiert, und auf diese Weise im „hochkarätig besetzten Auditorium“, vorrangig aus Beamten, Offizieren, Ärzten und mittelständischen Unternehmern bestehend, für unnötige Frustration gesorgt. Im Gegensatz dazu wurden die Beiträge aus dem Kreis der Teilnehmer anhand des Applauses anscheinend als sehr qualifiziert eingeschätzt. Begrüßt wurden auch die Redebeiträge von Ex-Salzgitter-Manager Hans-Joachim Selenz und des Stadtrates aus Salzgitter, Reinhard Steinhoff, die am Aufbau der Partei Rechtsstaatlicher Offensive in Niedersachsen maßgeblich beteiligt sind und als Gäste in Frankfurt weilten.

Der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Heiner Hofsommer, der an dem Frankfurter Treffen teilgenommen hatte, bekräftigte in einem Fernseh-Interview des Hessischen Rundfunks, daß die deutliche Distanzierung von den Republikanern eine Bedingung des Erfolgs der Schill-Partei sei und daß man daher an diesem Kurs unbedingt weiter festhalten müsse. Hofsommer erklärte ebenfalls, die Partei müsse auf jeden Fall mit eigenen Landeslisten zur Bundestagswahl antreten, „ein gutes Abschneiden in Sachsen-Anhalt vorausgesetzt, da sonst der nötige Schwung für die Teilnahme an weiteren Landtagswahlen verloren ginge. Die Tatsache, daß unter den Teilnehmern des Treffens in Frankfurt auch ehemalige Mitglieder des Bundes Freier Bürger (BFB) waren, läßt den Rückschluß zu, daß die von Schill bisher verfochtene Abgrenzung zum BFB aufgegeben wurde.

Aus Kreisen der am Aufbau der Schill-Partei in Hessen Beteiligten war zu hören, daß sie mit ihrer Kritik an Lorkowski, dem man „politische Schrebergartenmentalität“ vorwirft, sogar bei Parteichef Ronald Schill vorstellig werden wollen. Man habe den Eindruck bekommen, so hieß es, „der aus Hamburg entsandte Koordinator berufe sich auf eine enge Auslegung der Parteisatzung, um die Fäden für Hessen in der Hand zu behalten“. Hinweis auf eine mögliche Ablösung Lorkowskis könnte sein, daß Anfang dieser Woche im Internet-Auftritt der Partei unter der Rubrik „Kommission für die bundesweite Ausdehnung“ für das Land Hessen nur eine leere Fläche erschien. 


 
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