© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/02 15. März 2002

 
Frisch gepreßt

Geschichtsatlas. Der Hamburger Germanist Kay Dohnke ist als Herausgeber und Interpret der Werke des fast vergessenen, einst in einem Atemzug mit Fritz Reuter genannten niederdeutschen Dichters Johann Hinrich Fehrs bekannt geworden. Irgendein „guter“ Freund muß Dohnke dann geraten haben, sich lieber auf das einträgliche, dem soliden Philologen aber ganz unvertraute Feld zeithistorisch verbrämter Vergangenheitsbewältigung zu begeben. Herausgekommen ist ein regionaler Geschichtsatlas über Norddeutschland (Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern), ein „Atlas des Schreckens“, wie die Lokalpresse jubelte, ohne den fatalen Doppelsinn dieser Charakterisierung bedacht zu haben. Schrecklich wirken, im Kontrast zu ansprechend-nützlichen Karten und Schaubildern des Kartographen Frank Thamm, die Texte Dohnkes, die kaum einem „antifaschistischen“ Gemeinplatz und keiner noch so platten Moralisierung ausweichen (Nationalsozialismus in Nordeutschland - Ein Atlas. Europa Verlag, Hamburg 2001, 128 Seiten, 20 Euro).

Liberaler Protestant. Wer, wie der Kirchenhistoriker Matthias Wolfes, 800 Seiten über die liberale Theologie in den zwanziger und dreißiger Jahren zu Papier gebracht hat (Protestantische Theologie und moderne Welt, Berlin 1999), für den ist das Porträt des in diese kirchenpolitisch einst sehr einflußreiche Formation gehörenden Kieler Theologen Hermann Mulert eine bessere Fingerübung. Wolfes liefert ein knappes, geistesgeschichtlich höchst informatives Lebensbild des einst so prominenten Herausgebers der „Christlichen Welt“ und reichert es mit exemplarischen Texten Mulerts, vornehmlich aus der Zeit um 1933, an (Hermann Mulert. Lebensbild eines Kieler Theologen, 1879-1950. Wachholtz Verlag, Neumünster 2001, 152 Seiten, Abbildungen, 10,50 Euro).

Gorbatschow. Sicherlich hat das letzte sowjetische Staatsoberhaupt in der Analyse des Systems (Glas-nost) und seiner Umgestaltung (Perestroika) einen indirekten Beitrag zum Zusammenbruch der Sowjetunion geleistet. Ihn allerdings, wie es Wolfgang Caspart versucht, als gesteuerten Agenten westlicher Geheimdienste zu entlarven, läßt auch einen gestandenen Verschwörungstheoretiker nach Luft schnappen (Gorbatschow als Partner des Westens. Peter Lang Verlag, Frankfurt 2001, 146 Seiten, 25 Euro).


 
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