© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/02 22. März 2002

 
„Unbedenklich und sicher“
Verbraucherschutz: Ministerin Künast stellte ihr Verbraucherinformationsgesetz vor / Neue Behörden geplant
Bernd-Thomas Ramb

Die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Kün-ast, hat - wie bei ihrem Amtsantritt anläßlich der BSE-Rinder- und MKS-Schweineseuche versprochen - ein neues Verbraucherschutzgesetz in Angriff genommen. Seinerzeit plagte den Rindfleischkäufer vor allem die Furcht vor der unbekannten Herkunft des Rindfleischs. Eine Angabe des Landes, aus dem das Kalb stammte oder in dem das Rind aufgezogen war, verhinderte das von der Europäischen Union verordnete Diskriminierungsverbot.

Demnach dürfen Waren keine Länderbezeichnung enthalten, da diese als Herabwürdigung der anderen Staaten empfunden werden könnten. Andererseits stecken hinter Länderangaben auch länderspezifische staatliche Verordnungen, die sich gerade bei Lebensmitteln auf die Produktion und den Inhalt unterschiedlich auswirken können. Solange keine EU-weit einheitlichen Bestimmungen bestehen, geben Länderbezeichnungen der Waren, wie etwa das berühmte „Gebraut nach deutschem Reinheitsgebot“ bei Bieren, dem Verbraucher wertvolle Hinweise. Gerade beim Fleisch fehlen solche Anhaltspunkte aber nach wie vor. Die Fleischkonsumenten kaufen zwar wieder Rind- und Schweinefleisch, an die Stelle der damaligen Hysterie ob der gefährlichen Inhalte ist aber bestenfalls ein mulmiges Gefühl getreten.

Der am 13. März im Bundeskabinett vorgelegte Entwurf eines Verbraucherinformationsgesetzes dürfte kaum dazu beitragen, die Sicherheit des Käufers zu stärken. Statt einem freien Spiel der Informationskräfte auf den Märkten Platz zu bahnen, reduziert sich der Künastsche Wurf auf ein müdes Wälzen von Behördenakten. „Mit dem Gesetz wird ein Anspruch auf Zugang zu den bei Behörden vorhandenen Informationen über Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände geschaffen, die sich auf den Schutz der Verbraucher beziehen. Zudem wird für die Behörden eine Rechtsgrundlage geschaffen, von sich aus aktiv über bestimmte verbraucherschutzrelevante Sachverhalte informieren zu können: Bei Verstößen gegen verbraucherschützende Normen und gewichtigen Informationsinteressen der Öffentlichkeit, können die Behörden künftig auch von sich aus die Öffentlichkeit informieren und zwar unter Nennung von Erzeugnis und Hersteller“, verlautet die Presseankündung. Das hehre Vorhaben lohnt, zerpflückt zu werden.

Prinzipiell löblich erscheint der freie Zugriff auf Informationen, die sich auf den Schutz der Verbraucher beziehen. Doch wer entscheidet, was dem Schutz des Verbrauchers dient? Der grundsätzlich positive Klang verkehrt sich schnell in das Gegenteil, wenn Verbraucher bestimmte Produktinformationen wünschen, die die Behörde zwar besitzt, aber nicht als verbraucherschutzrelevant einstuft.

Natürlich schürzt die Verbraucherministerin für diese Fälle einen Schutz des Herstellers vor, wenn sie etwa beteuert, man wolle nicht die Rezepturen von Coca Cola verraten. Warum aber wird diese Entscheidung nicht dem Informationshandel zwischen Käufer und Verkäufer überlassen? Wenn die dem Gesetzesvorhaben vollmundig vorgestellte Überschrift „Weg in eine verbraucherorientierte Marktwirtschaft“ wirklich ernst genommen werden soll, ist der größte Teil des Gesetzes hinfällig. Denn eine freie Marktwirtschaft induziert von sich aus - durch Wettbewerb - einen freien Austausch von Informationen über alle zum Kauf angebotenen Produkte.

Dabei genießt die Souveränität des Konsumenten höchste Priorität. Er entscheidet über die Annahme des Verkaufsangebots. Er entscheidet, ob er viele und umfangreiche Informationen oder nur wenige zu dieser Entscheidung benötigt und welche Inhalte dabei vermittelt werden müssen.

„Der vorsorgende Verbraucherschutz solle weiterentwickelt werden, denn die Bürgerinnen und Bürger müssen darauf vertrauen können, daß die angebotenen Produkte gesundheitlich unbedenklich und sicher sind und die rechtlichen Voraussetzungen für die Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen gesichert sind“, betont die grüne Verbraucherministerin in ihrer Erklärung. Gleichzeitig aber hebt sie hervor: „In einer freiheitlichen Gesellschaft hat jeder Bürger und jede Bürgerin das Recht, das Leben nach eigenen Wünschen und Werten zu gestalten.“

Wenn aber der freie Bürger den Wunsch äußert, Produkte zu konsumieren, die zwar nach Ansicht der 46jährigen Ministerin (und Rechtsanwältin) ungesund, in seinen Augen aber gesund sind? Die Verbraucherpolitik soll die rechtlichen und informativen Voraussetzungen für selbstbestimmte Entscheidungen der Verbraucher als Marktteilnehmer schaffen, heißt es bei Künast. Dann ist aber konsequenterweise auch die selbstbestimmte Entscheidung über das Produkt durch Information zu gewährleisten, beispielsweise durch die Freigabe der Information über das Herkunftsland der Ware - EU hin oder her.

So aber gerät das Gesetz zur Farce - mit der üblichen Ausweitung der Bürokratie. Gleich zwei neue Behörden sollen wegen dieser Trivialität ins Leben gerufen werden: Zum einen ein Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das - so die lapidare Umschreibung - Risikobewertungen im Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit durchführen soll.

Zum anderen ein Bundesamt für Verbraucherschutz und für Lebensmittelsicherheit (BVL). Es soll Zulassungsaufgaben für Produkte wahrnehmen, die gesundheitliche Risiken bergen können und mit der Lebensmittelsicherheit in Zusammenhang stehen. Darüber hinaus soll es an der notwendigen Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Ländern und EU-Einrichtungen bei der Kontrolle und Überwachung mitwirken. Unverständlich, warum die Trennung der beiden Aufgaben in zwei Behörden „für mehr Transparenz und Effizienz beim gesundheitlichen Verbraucherschutz sorgen“ sollte. Wohl eher dürften sie für zusätzliche Versorgungsposten bei den um den Wiedereinzug ins Parlament bangenden Grünen sorgen.


 
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