© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/02 22. März 2002


Neue Technologien: Missyplicity
Liebe kennt keine Artgrenzen
Angelika Willig

Das niedliche geklonte Kätzchen aus Texas dürfte inzwischen von der Mutter entwöhnt sein. Wahrscheinlich fegt es spielerisch die Versuchsanordnungen vom Tisch und inspiriert die Wissenschaftler zur Kreation einer ruhigen und verständigen Hauskatze. Inzwischen bleibt Zeit, sich mit der Vorgeschichte von „Cici“ (copy cat) ein wenig genauer zu beschäftigen. Eigentlich sollte sie nämlich ein Hund sein, eine Art Collie. Nicht etwa, daß beim Klonen die Gene durcheinander geraten seien und aus dem Collie versehentlich eine Katze wurde. Nein, Cici war durchaus geplant, jedoch nur, weil Hunde viel schwerer zu klonen sind als Katzen. In Auftrag gegeben hatte den Klon der Besitzer einer Collie-Hündin namens „Missy“, der das ganze aufsehenerregende Projekt an der Universität Texas mit 4,3 Millionen Euro gesponsert hat. Über drei Jahre arbeiteten die Forscher am „Missyplicity“-Projekt, bis schließlich eine „Cici“ herauskam. Die Wege der Forschung sind unergründlich. Das Problem ist nur, daß die Wege der Forschung den meisten Menschen herzlich egal sind. Man fragt sich, ob überhaupt jemand nur „wissen“ und nicht in irgendeiner Weise profitieren will. Der „besessene Forscher“ ist vielleicht nur ein Phänomen der Psychiatrie oder der Filmgeschichte. Doch selbst wenn es ihn gibt, woher bezieht Dr. Frankenstein sein Gehalt, wie finanziert er seine Apparaturen? Nur durch Menschen, die seine Ergebnisse für sich ausnutzen wollen. Und deren Motive sind meist nicht gerade rätselhaft. Der Multimillionär liebt seinen Hund abgöttisch und fürchtet dessen baldigen Tod. Bis vor kurzem mußte auch er sich mit den Tatsachen des Lebens abfinden, doch heute gibt es gegen den Tod ein Mittel: das Klonen.

Nun ist das reproduktive Klonen von Menschen auch in den USA strengstens verboten. Doch man stelle sich folgende Situation vor: Überall trippeln zweite und dritte Kopien von Dackeln oder Pudeln an der Seite ihrer glücklichen Besitzer umher. Und in den Klinik liegt ein Kind im Sterben, das auf keine Weise zu retten ist. Die Eltern sind zwar keine Millionäre, dafür aber findige Juristen. Sie beweisen, was auch für den Laien ziemlich einleuchtend klingt, daß hier das sogenannte reproduktive Klonen nur einen Spezialfall des sogenannten therapeutischen Klonens darstellt und demzufolge erlaubt sein muß. Wenn ein Organ durch Klonen ersetzt werden darf, warum nicht auch ein ganzer Mensch?

Welches juristische Argument sich der Tierfreund einfallen läßt, der als erster mit seinem Labrador eine Familie gründen will, wissen wir nicht. Er könnte sich auf die „Tierrechte“ ebenso berufen wie auf die „Schwulenehe“. Wegen Sodomie wäre er nicht zu belangen, da Sex hier nur in der Petrischale stattfindet. Zeus pflegte bei seinen Liebschaften häufig Tiergestalt anzunehmen - Beweis dafür, daß die Liebe zu Mieze und Waldi höheren Ursprungs ist.


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