© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002


NRW-Verfassungsschutz
Der Alleingang einer Behörde
Dieter Stein

In der vergangenen Woche haben wir bereits kurz auf die Vorstellung des neuen Verfassungsschutzberichtes 2001 von Nordrhein-Westfalen hingewiesen. Wir haben uns entschlossen, das Kapitel über die JUNGE FREIHEIT in dieser Ausgabe vollständig zu dokumentieren (siehe Seite 6).

Diese Einordnung ist aber mehr als umstritten. Das Empörende ist, daß NRW dies in seinem Bericht verschweigt, obwohl das Innenministerium in seiner Broschüre "50 Jahre Verfassungsschutz und politischer Extremismus in Nordrhein-Westfalen" (Juli 1999) freimütig einräumt: "Seit 1992 (waren) Abstimmungsversuche des Innenministeriums NRW vorausgegangen, mit dem Bund und den Landesbehörden zu einer einheitlichen Auffassung zu gelangen. Ein bundesweiter Konsens wurde bis heute nicht gefunden."

Diese Bewertung bestätigt unter anderem auch der Verfassungsschutzbericht des Freistaates Sachsen, in dem es für das Jahr 2000 im Kapitel "rechtsextremistische Verlage" heißt: "In diesem Zusammenhang wird häufig der Begriff 'Neue Rechte' verwendet. Er ist aber nicht allgemein verbindlich definiert. Mit ihm werden sowohl die Intellektualisierung des Rechtsextremismus als auch Vertreter demokratisch konservativer Position in Verbindung gebracht. Wegen der Unschärfe eignet sich der Begriff nicht für die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden."

Der unbrauchbare und umstrittene Begriff einer "Neuen Rechten" dient in NRW, wie der Verfassungsschutzbericht des Freistaates Sachsen richtig formuliert, allein dazu, "Vertreter demokratisch konservativer Positionen" unter Extremismus-Verdacht zu setzen.

Die Belege, die der Verfassungsschutzbericht für diese skandalöse Vorverurteilung anführt, sind lächerlich. Da werden "fortgesetzte Versuche der Delegitimation des demokratischen Rechtsstaats" ausgemacht. Als Beleg herhalten muß unter anderem die Tatsache, daß die JUNGE FREIHEIT sich immer wieder gegen "Political Correctness" wendet.

Der Verfassungsschutzbericht verschweigt jedoch, daß Friedhelm Farthmann, von 1985 bis 1995 Fraktionsvorsitzender der SPD-Landtagsfraktion in NRW, in einem Interview mit der JUNGEN FREIHEIT explizit hierzu äußerte: "Es ist natürlich ein Mangel an Demokratie, wenn nicht das ganze Meinungsspektrum zum Ausdruck kommt. Deshalb ist auch die sogenannte political correctness, zumindest deren extreme Ausprägung, so verderblich." (JF 44/2000)

Trotz alledem macht die JUNGE FREIHEIT weiter. Zum 1. April wurde planmäßig der Seitenumfang von wöchentlich 16 auf 20 Seiten erhöht. Wir bitten Sie, uns gerade jetzt die Treue zu halten. Protestieren Sie direkt und persönlich beim Ministerpräsidenten des Landes NRW gegen die Praxis des NRW-Verfassungsschutzes. Bitte tun Sie das entschieden, aber sachlich.

Wenden Sie sich bitte an: Ministerpräsident des Landes NRW, Wolfgang Clement, Stadttor, 40213 Düsseldorf, Tel. 0211 / 837-01; Innenminister Dr. Fritz Behrens, Haroldstraße 5, 40213 Düsseldorf, Tel. 0211 / 871-01


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen