© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002


LOCKERUNGSÜBUNGEN
Terrorprophylaxe
Karl Heinzen

Als Helmut Schmidt Bundeskanzler war, konnte die SPD Ausländerfeinden als eine wählbare Alternative erscheinen. Erst mit der parlamentarischen Etablierung der Grünen sahen sich die Sozialdemokraten dem Konkurrenzdruck ausgesetzt, in der Sympathiewerbung unter Immigranten als den ausschlaggebenden Wählermassen von morgen möglicherweise abgehängt zu werden. Noch immer aber ist der Altbundeskanzler eine Autorität, wenn es darum geht, das Vertrauen der Alteingesessenen zu bewahren, die mitunter befürchten könnten, daß dieses Land nicht das "ihre" bleiben wird.

In seinem neuesten Opus "Hand aufs Herz - Helmut Schmidt im Gespräch mit Sandra Maischberger", dessen schönste Passagen auch in der Boulevardpresse nachzulesen waren, verknüpft "der große Weise der SPD" ("Bild") seine Kompetenz als Überfremdungsrhetoriker mit dem Nimbus desjenigen, der im Deutschen Herbst des Jahres 1977 politische Verantwortung tragen durfte. Beide Themen sind, das hat die Öffentlichkeit aus dem 11. September bereitwillig gelernt, nicht voneinander zu trennen. Schmidt überrascht dabei mit vielen verblüffenden Erkenntnissen: Man muß den Terrorismus konsequent verfolgen. Man kann Anschläge "nicht vorbeugend ausschließen". Aus dem, was derzeit geschieht, kann sich alles Mögliche entwickeln.

Vor allem aber gilt es, den Haß und die aus ihm folgende Gewalt zu bekämpfen. Besonders ärgerlich ist es, wenn er schon in den Köpfen der Kinder entsteht. Nach den schrecklichen Bildern aus New York können die Nachlässigkeiten, die wir alle uns hier geleistet haben, nicht länger toleriert werden. "Was in den hamburgischen Moscheen zum Teil gepredigt worden ist und heute noch gepredigt wird, das weiß keiner von uns Hamburgern." Daß es sich um den muslimischen Glauben handelt, will Schmidt gar nicht grundsätzlich ausschließen, doch sind viel zu wenige Autochthone des Türkischen oder Arabischen in ausreichendem Maße mächtig, um dafür ihre Hand ins Feuer legen zu können. Der Staat sollte hier gegensteuern. Deutsches Geld darf es nur für deutschen Koran-Unterricht geben.

Die Wortmeldung Helmut Schmidts ist in doppelter Hinsicht bedenkenswert. Zum einen ist es wichtig zu erkennen, daß die Zuwanderung nicht nur Anforderungen an die Menschen deutscher Herkunft stellt. Sie haben ihre Hausaufgaben vielmehr im wesentlichen schon gemacht, indem sie sich mit der Vision eines multiethnischen Gemeinwesens anfreundeten und ihren Feinden entschieden entgegentreten. Nun ist es die Aufgabe der Immigranten, sich in ihrer kulturellen Selbstbehauptung so weit einzuschränken, daß sie für uns nicht wertlos oder gar schädlich werden. Zum anderen weist Helmut Schmidt auf ein noch grundsätzlicheres Problem hin: Wir alle wissen viel zu wenig voneinander. Nicht allein das Treiben in den Moscheen aber ist der Öffentlichkeit verborgen. Insbesondere wissen wir zu wenig darüber, was die Menschen, die das Sagen haben, sagen, wo sie reden zu dürfen meinen.


 
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