© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002

 
Ansehnliche Anfangserfolge
Hamburg: Das innerpolitische Konzept der Schill-Partei scheint erste Früchte zu tragen
Peter Freitag

Nachdem die noch vor kurzer Zeit mit zum Teil schrillen Tönen durchsetzte Begleitmusik rund um den Hamburger Senat aus CDU, Schill-Partei und FDP verstummt ist, beginnt langsam die besonnenere Betrachtung der bisherigen Arbeit dieser bürgerlichen Koalition.

Dabei fällt auf, daß insbesondere das Ressort des Innensenators Ronald Schill, der unlängst noch ungeachtet einer jedem Politiker zugestandenen 100-Tage-Frist mit Häme ob seiner unerfüllten Wahlversprechen überzogen worden war, einige ansehnliche Anfangserfolge vorweisen kann. So wurde beispielsweise am Dienstag der Reemtsma Entführer, der polnische Staatsbürger Piotr L. abgeschoben. Auch die in Hamburg bisher existierende offene Drogenszene hat dem verstärkten Verfolgungsdruck durch mobile Einsatzkräfte nachgeben. Merklich weniger Dealer gehen ihren Geschäften im berüchtigten Stadtteil St. Georg, nahe dem Hauptbahnhof, nach. Viele Drogen sind in den letzten Monaten doppelt so teuer geworden, auch weil nicht mehr offen gehandelt werden kann. Statt dessen verlagerte sich der Umschlag der Betäubungsmittel auf kleinere S- und U-Bahn-Stationen, sowie in die Züge selbst. Dort jedoch griffen ebenfalls verstärkt Zivilfahnder der Polizei und Beame des Bundesgrenzschutzes ein. Wegen dieser erfolgreichen Maßnahmen fürchten im Gegenzug nun Kommunalpolitiker im zu Schleswig-Holstein gehörenden Umland der Hansestadt, daß ein Teil der Drogenszene dorthin ausweicht und sich niederläßt.

Die Zahl der festgenommenen Dealer, die im Jahre 2001 bei durchschnittlich 19 pro Monat lag, stieg bereits im Januar diesen Jahres auf 52, so Schills Staatsrat Walter Wellinghausen. Eine weitere Neuerung im Bereich der Inneren Sicherheit ist das konsequentere Vorgehen gegen straffällinge - meist beim Drogenhandel gefaßte - Täter aus Schwarzafrika. Diese konnten bislang nicht abgeschoben werden, da sie ihre Papiere vernichtet hatten. Die meisten von ihnen stammen von der Elfenbeinküste, geben jedoch bei Verhören Burkina Faso als Herkunftsland an, da sie dorthin ohne Pässe weder abgeschoben werden können, noch einen Aufenthaltsstatus erhalten.

Die Drogenszene mußte dem Verfolgungsdruck nachgeben

Unter Zuhilfenahme von afrikanischem Botschaftspersonal konnte bei einigen der etwa 900 Personen (von denen bereits Zweidrittel mit Drogen gehandelt hatten) die Identität geklärt und Paßersatz beschafft werden, so daß eine Abschiebung möglich ist. Ebenso können auch ausländische Intensiv-Straftäter in Zukunft abgeschoben werden. Das neue Sicherheitskonzept wirkt sich auch auf die Straßenprostitution aus. Viele Freier scheuen sich wegen der häufigen Polizei-Streifen, in die einschlägigen Gegenden zu zeigen.

Die Einstellung von 280 neuen Polizeibeamten und die Schaffung von 250 Stellen für Angestellte im Polizeidienst wird ebenfalls allgemein begrüßt, wenn auch diese Personalaufstockung wegen der Finanzlage des Stadtstaates nicht an die von Schill im Wahlkampf anvisierte Zahl von 2.000 neuen Stellen heranreichen kann. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, äußerte gegenüber der JUNGEN FREIHEIT, daß der Hamburger Senat damit in die richtige Richtung schreite. Auch die Abschaffung der sogenannten Polizeikommission wird von der GdP ausdrücklich begrüßt. Der richtige Weg des Innensenators Schill in der Bekämpfung der offenen Drogenszene müsse auch durch eine intensivere Drogenhilfe ergänzt werden. "Beides gehört zusammen, das eine darf nicht ohne das andere ausgebaut werden, sonst wäre eine bloße Verlagerung der Szene verhängnisvoll", so Freiberg. Kritisch geht die Gewerkschaft ins Gericht mit der vom Senat beschlossenen Verkürzung der Polizistenausbildung, durch die ein niedrigeres Niveau drohe.

Das Vorhaben des Senats, eine sogenannte Sicherheitswacht aus freiwilligen Bürgern zu errichten, stößt bei der GdP auf Ablehnung. Freiberg sprach gegenüber der JF von einer Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols, da die Angehörigen der Sicherheitswacht auch das Recht zur Personalienfeststellung und eine "passive Bewaffnung" erhalten sollen.

Naturgemäß zieht die erfolgreiche Arbeit der Polizei auch die Notwendigkeit nach sich, im Bereich der Justiz für Verstärkung zu sorgen. So verwies der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion Michael Freytag auf die bereits erfolgte Einstellung von 15 neuen Staatsanwälten sowie den Bau von 192 Haftplätzen im geschlossenen Vollzug.


 
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