© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002

 
BLICK NACH OSTEN
Das Wunschkind von EU und USA krankt
Carl Gustaf Ströhm

Mehr als zwei Jahre nach dem Machtwechsel in Kroatien und der Abwahl der von Franjo Tudjman gegründeten, nationalkroatischen HDZ, steckt das Land in einer sich verschärfenden Krise. Zwischen den Partnern der Linkskoalition - ursprünglich sechs, nach Ausscheiden der istrischen Autonomisten fünf Parteien - hängt der Haussegen schief.

Die Sozialliberalen (HSLS) haben sich in den letzten Monaten nach "rechts" bewegt und sich de facto von der durch Premier Ivica Racan geführten Linkskoalition distanziert. HSLS-Chef Drazen Budisa hat von Racan die Aufnahme als Vizepremier in die Regierung erzwungen - aber den Mut zum Absprung aus der ungeliebten Linkskoalition oder zu einem Koalitionswechsel (etwa mit der wieder erstarkenden HDZ und den Christdemokraten oder der Partei des Rechts) hat er (noch) nicht gefunden. Wie so oft bei ungeliebten Koalitionen, will man auch in Kroatien die Macht bis zuletzt auskosten, bevor man sich ins Abenteuer von Neuwahlen begibt. Umso interessanter sind die Einzelheiten über die Regierungsbildung im Januar 2000, die jetzt bekannt werden. Demnach haben sich westliche Regierungen und politische Stiftungen - darunter auch solche aus Deutschland - massiv in Kroatien eingemischt.

Ziel war, die nicht-linke damalige Regierungspartei HDZ (Kroatisch Demokratische Union) von der Macht zu verdrängen und den ersten Präsidenten und Staatsgründer Franjo Tudjman auszuschalten. Letzteres Problem löste sich von alleine, da Tudjman schwer an Krebs erkrankt war und in der zweiten Hälfte des Jahres 1999 faktisch bereits im Sterben lag. Er verschied am 11. Dezember 1999, drei Wochen vor der Wahl.

Unter den ausländischen Stiftungen, die in Kroatien aktiv waren und sind, spielt das amerikanische Internationale Republikanische Institut (IRI) eine herausragende Rolle. Durch demoskopische Umfragen stellte das IRI fest, daß ein Teil der kroatischen Bevölkerung am Ende der Ära Tudjman frustiert war: Man wollte endlich, nach den Entbehrungen des Krieges, einen höheren Lebensstandard.

Weiter fand das IRI heraus, daß eine Kombination der relativ "unbelasteten" HSLS-Liberalen mit den Wendenkommunisten des früheren KP-Ideologen Ivica Racan, also der SDP - die größten Wahlchancen mitbrachte. Bereits seit 1998 arbeitete die US-Politik an einem radikalem Machtwechsel in Kroatien. Im Juli jenes Jahres fand in Washington eine Konferenz zum Thema "Kroatien nach Tudjman" statt, an der Vertreter der CIA, amerikanischer humanitärer Organisationen und US-Diplomaten teilnahmen. Die Konferenz postulierte, daß es innerhalb der Tudjman-Partei HDZ zu einer Spaltung kommen werde, daß die engen Verbindungen zwischen der Regierung in Zagreb und den Kroaten der Herzegowina gekappt werden müßten, daß den Auslandskroaten (die dazu neigen, "national" zu wählen) das Stimmrecht zu entziehen sei - und daß die geflohenen kroatischen Serben sofort und massiert in ihre Häuser zurückkehren sollten.

Als Verstärkung für das Projekt des Regierungswechsels wurden um die Postkommunisten (SDP) und die HSLS noch vier weitere, allerdings kleinere Parzellen gruppiert, die gleichfalls an die Macht wollten: das "2 plus 4-Projekt". Zweimal wurden die Anti-Tudjman-Oppositionellen 1998 und 1999 von der damaligen Außenministerin Madeleine Albright zu Gesprächen empfangen. Die heutige kroatische Links-Regierung unter der Führung eines KP-Ideologen ist, so grotesk es klingen mag - ein Wunschkind der USA.


 
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