© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002

 
Meldungen

Tschetschenen in äußerster Verzweiflung

PARIS. Der "Außenminister" der gegen Rußland kämpfenden Rebellenbewegung von Aslan Maschadow, Ilias Achmadow, ist enttäuscht über das Schweigen des Westens gegenüber dem brutalen Krieg zur Unterdrückung der Tschetschenen. Er sei es leid, in den Vorzimmern der westlichen Diplomatie sich anhören zu müssen, es gelte, die Russen wegen ihrer kooperativen Einstellung nach dem 11. September zu schonen. Die Tschetschenen hätten nichts mehr vom Westen zu erwarten, sagte er dem Pariser Le Figaro. Man müsse den Kampf fortsetzen, da man sonst selber das Todesurteil über das eigene Volk spräche. Mit den Russen könne es keinerlei gemeinsame Zukunft mehr geben. Wenn Israels Premier Scharon sich zur Ausschaltung Arafats anschicke, erhebe sich Empörung. Der russische Präsident Putin könne hingegen ungestraft seine Absicht verkünden, den Tschetschenenführer Maschadow zu "liquidieren". Die tschetschenische Bevölkerung habe ein Stadium äußerster Verzweiflung erreicht, warnte nun Achmadow. Er weilte letzte Woche in Paris, um zusammen mit anderen Tschetschenenführern, darunter Maschadows Sprecher Vatschagajew, an einem dreitägigen Kolloquium über den Krieg im Kaukasus teilzunehmen.

 

US-Konzerne wegen Sklaverei verklagt

NEW YORK. Im Namen von 35 US-Bürgern mit afrikanischen Vorfahren haben Anwälte letzte Woche in New York drei große amerikanische Firmen wegen Bereicherung durch Sklaverei verklagt. Sie werfen der Versicherungsgruppe Aetna, dem Finanzdienstleister FleetBoston und der Bahngesellschaft CSX vor, von einem ausbeuterischen System profitiert zu haben. In der Klageschrift, die bei einem Bundesgericht in Brooklyn eingereicht wurde, wird geschätzt, daß durch Sklaven zwischen 1790 und 1860 unbezahlte Arbeit für bis zu 40 Milliarden Dollar geleistet worden sei. Nach heutigem Wert wären dies umgerechnet 1,6 Billionen Euro. Anwalt Ed Fagen verwies im Sender CNN auf die Entschädigungsgelder für NS-Opfer und für US-Bürger japanischer Herkunft. Dies Recht stehe auch den Nachkommen der Sklaven zu. In den USA wurde die Sklaverei nach dem Bürgerkrieges 1865 abgeschafft.

 

Kopftuchverbot soll gelockert werden

ANKARA. Die mitregierende konservative Mutterlandspartei (ANAP) will das Kopftuchverbot für Schülerinnen an religiösen Schulen und theologischen Fakultäten aufheben. Die Schulen dienten in erster Linie der Ausbildung religiöser Fachkräfte, erklärte ANAP-Fraktionschef Beyhan Aslan letzte Woche in Ankara. Die auf Trennung von Staat und Religion bedachte Türkei hatte die religiösen Schulen unter starke Kontrolle gestellt. Es bestand die Furcht, daß staatliche Institutionen von Islamisten unterlaufen werden könnten. Bilder von Schülerinnen, die nach Protesten gegen das Kopftuchverbot in Handschellen abgeführt worden waren, hatten eine neue Debatte über das Kopftuchverbot an Religionsschulen ausgelöst. Die ANAP wird vom proeuropäischen Ex-Ministerpräsidenten und jetzigen Vizepremier Mesut Yilmaz geführt, der auch die Türkei im EU-Konvent vertritt.

 

Farm-Besetzung durch Landlosen-Bewegung

BRASILIA. In Brasilien haben etwa 150 landlose Bauern eine Farm in der Region Pontal do Paranapanema besetzt. Sie gehört Jovelino Carvalho Mineiro, einem Geschäftspartner der Kinder von Präsident Fernando Henrique Cardoso. Zuvor hatten Hunderte Familien der Landlosen-Bewegung auf einer Farm Cardosos für Bodenzuteilungen demonstriert. In Brasilien befinden sich fast 90 Prozent des gesamten Farmlandes im Besitz von einem Fünftel der Bevölkerung. Die ärmsten 40 Prozent besitzen lediglich ein Prozent des Landes.


 
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