© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002

 
Meldungen

Nicht verhandelbare "Endstandpunkte"

MÜNCHEN. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Dieses Faktum werde im Süssmuth-Bericht endlich anerkannt und setze sich auch im Bewußtsein der Öffentlichkeit durch. Angesichts dieser "realistischen" Lagebeschreibung sei zu fragen, was künftig "unsere" multikulturelle Gesellschaft zusammenhalte. Der Regensburger Soziologe Robert Hettlage antwortet darauf im Rahmen eines Rezensionsessays, der einem von Jürgen Friederichs edierten Kompendium sozialwissenschaftlicher Reflexionen zum Thema "Integration" gilt (Soziologische Revue, 1/02). Übereinstimmend mit den Autoren dieses Bandes ist Hettlage überzeugt davon, daß vorerst wenig Anlaß zu Verfallsdiagnosen bestünde. Zwar schwände die Integrationskraft, was nach einer zur Erhaltung der "Bürgertugenden" unabdingbaren "Wiederbelebung naturrechtlichen Denkens" verlange. Doch noch bestehe ein "fast vollständiger Konsens über basale Moralvorstellungen". Der sei aber nur solange garantiert, wie "Inländer und Migranten" den Wertkodex akzeptierten. Ein Multikulturalismus, der den für die meisten Deutschen nicht verhandelbaren "identitären Endstandpunkt" zur Disposition stelle, riskiere, daß mit der Auflösung verbindlicher Normen die Bereitschaft schwinde, moralische Maßstäbe zu befolgen.

 

Teuer erkaufte Friedensdividende

BONN. Der technologische Rückstand, in den die Bundeswehr gegenüber den US-Verbündeten geraten sind, ist nicht der schwächeren Innovationskraft deutscher Wissenschaftler geschuldet, sondern allein der geopolitischen Ignoranz der politischen Klasse. Diese harsche Kritik formuliert - vorsichtshalber nur als implizite These - Gottfried Reichert in einem Aufsatz zur jüngsten Geschichte und Zukunft der deutschen Marineflieger (Europäische Sicherheit, 2/02). Die 36 Jahre alten "flüsternden Riesen" vom Typ Breguet Atlantic, die jetzt den Luftraum über dem Indischen Ozean überwachen, seien am Ende ihrer "effektiven Nutzbarkeit" angelangt. Trotzdem, so klagt der Referent im Führungsstab der Marine, müssen die Maschinen noch bis 2010 durchhalten, da zu Zeiten von Kohls Kanzlerschaft die Einführung eines technologisch moderneren Systems versäumt wurde. Breguet-Nachfolgeprogramme, schon Ende der achtziger Jahre konzipiert, seien mehrfach verschoben worden. Zuletzt 1992, als nach Auflösung des Warschauer Paktes das Programm Marine Patrol Aircraft (MPA) im Zuge der zu erbringenden "Friedensdividende" gestrichen wurde. Erst zwei Monate nach dem "11. September" sei im Bundestag die internationale Ausschreibung eines Nachfolgesystems beschlossen worden.

 

Revolutionäre Energie des simplen Todeskultes

STUTTGART. Es gibt keinen Kampf der Kulturen. Darum stehen die Entwicklungen seit dem 11. September auch nicht im Zeichen eines Konflikts zwischen Angloamerika und dem Rest der Welt. Hinter dem Islamismus stecke vielmehr nur ein irrationaler "Kult des Todes". Auf der Basis dieser bizarren Ansicht kommentieren Ian Buruma (London) und Avishai Margalit (Jerusalem) den "Krieg gegen den Terror", den sie mit der "ganzen Kraft des kühl kalkulierenden bürgerlichen Antiheroismus" gewinnen wollen (Merkur, 4/02). Gleichwohl trauen beide diesem "Kult" die Kraft für eine "islamistische Revolution" zu, die zwischen "Indonesien und Tunesien zum Sturz von Regierungen" führen könnte.

 

Erste Sätze: Einiges Grundsätzliche voraus.

Joachim Wach: Das Verstehen. Grundzüge einer Geschichte der hermeneutischen Theorie im 19. Jahrhundert, Band 3, Tübingen 1933.


 
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