© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/02 12. April 2002

 
PRO&CONTRA
Billig buchen und fliegen?
Caroline Baldwin / Christian Boergen

Seit Ankunft der Ryanair 1999 im deutschen Markt
genießen deutsche Kunden zum ersten Mal günstige Linienflugpreise. Seit Jahren herrschte ein Monopol im deutschen Luftraum und dank Lufthansa zahlten deutsche Kunden die höchsten Flugpreise Europas. Ryanair ist Europas erste und größte sogenannte "Low Fares Fluggesellschaft". Unser Kerngeschäft ist es, unsere Kosten so niedrig wie möglich zu halten, damit wir die Ersparnisse im Form von sehr niedrigen Flugpreisen an unsere Kunden weitergegeben können. Die Ryanair spart an allem, nur nicht an der Sicherheit. Als irisches Unternehmen muß die Ryanair genau die gleichen Sicherheitsvorkehrungen- und maßnahmen einhalten wie alle anderen europäischen Fluggesellschaften.

Die Prozedur einer Ticketbuchung bei Rynair ist äußerst einfach und günstig. Ryanair ist eine "ticketlose" Fluggesellschaft, dadurch werdenVerwaltungskosten gespart. Tickets sind ausschließlich über das Internet oder Telefonzentralen buchbar. Es werden keine Provisionen an Reisebüros ausgezahlt. Die Vorteile für den Kunden sind vielfach: Im Gegensatz zu Lufthansa muß der Passagier bei Ryanair nicht unbedingt Hin- und Rückflug buchen, um einen günstigeren Tarif zu erhalten.

Das Kernrezept des Erfolges der Ryanair ist Effizienz in allen Geschäftsbereichen. Die Anzahl der Angestellten pro geflogenem Passagier (1.600 Mitarbeiter, 10,2 Millionen Fluggäste in diesem Geschäftsjahr) liegt weit unter denen der Lufthansa (45.000 Mitarbeiter, 38,4 Millionen Fluggäste). Die Leistungen der Lufthansa wie anderer europäischer "Flag Carriers" sind überhaupt nicht mehr das, was sie früher auf europäischen Strecken waren. Kunden bekommen keine warme Mahlzeit mehr auf der Strecke Frankfurt-Mailand oder London zum Beispiel. Wenn man ein belegtes Brötchen erhält hat man schon Glück. Der Kunde ist dann nicht mehr bereit, hohe Flugpreise auf diesen Strecken zu zahlen.

 

Caroline Baldwin ist Pressesprecherin der irischen Fluggesellschaft "Ryanair".

 

 

Billigfluggesellschaften sind überwiegend nicht an einer Zusammenarbeit mit Reisebüros interessiert oder offerieren dem Agenturvertrieb Konditionen, die keineswegs kostendeckend sind. Insofern zählt der DRV naturgemäß nicht zu den Freunden dieser sogenannten No-Frills-Airlines. Die Reisebüros können die Lücke im Angebot gut verschmerzen, müßten sie andernfalls doch massenweise mit Kundenreklamationen rechnen. Das Geschäftsmodell Billigflug ist in den USA entwickelt worden. Dort allerdings sind die meisten Gesellschaften längst wieder pleite gegangen. Preisvorteile sind zum Teil mit einem höheren Flottenalter erkauft. Marktschreierische Werbung à la Ryanair spricht für sich - schließlich ist nicht alles, was hinkt, auch ein Vergleich.

Schwerwiegender für die betroffenen Kunden sind andere Aspekte: In den meisten Fällen beschränken sich vermeintliche Knaller-Angebote auf wenige Plätze, so daß die beworbenen Flüge oft nur teurer buchbar sind. Obendrein müssen Kunden, die über Internet oder Telefon (Ausnahme: 0800er-Nummer) buchen, die Leitungskosten tragen. Auch bieten Billigflieger lediglich sogenannte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, sind also zum Umsteigen oder für Urlaubsreisen mit fester Hotelbuchung ungeeignet. Das gilt auch für Geschäftsreisende mit verbindlichen Terminen. Schlimmer noch: Bei Flugausfällen gibt es weder Alternativen, noch Preiserstattungen. Bis zum nächsten Abflug kann es lange dauern. Außerdem müssen an Bord konsumierte Getränke und Verpflegung zum Reisepreis hinzuaddiert werden.

Abgesehen von extrem enger Bestuhlung bieten "No-Frills-Carrier" überwiegend Verbindungen von abgelegenen Randflughäfen à la Hahn im Hunsrück. An dem ist zwar die Fraport AG beteiligt, vom Frankfurter Flughafen ist er dennoch über 120 Kilometer entfernt. - Da wird die Anreise schnell teurer als der ganze Flug. Billig ist eben nicht preiswert!

 

Christian Boergen ist Leiter Kommunikation beim Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verband (DRV).


 
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