© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/02 12. April 2002

 
Georg Kofler
Kirchs Ziehsohn
von Ronald Gläser

Die Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze. Und die Fußballfans grübeln, welcher Sender denn nun die Bundesligaspiele übertragen wird. Bei Kirch gehen die Lichter aus.

Der Medienkonzern Leo Kirchs steckte seit geraumer Zeit in Schwierigkeiten. Die vielen Beteiligungen und Rechte wurden immer wieder neugeordnet, fusioniert oder verscherbelt. Achtzehn Arbeitsgruppen widmen sich der internen Reorganisation. Auch die crème de la crème unter den Unternehmensberatungen fand keine Lösung. Vielmehr sind Struktur und Berater der Kirch Medien AG Teil des Problems geworden.

In der größten Not erinnerte sich Leo Kirch dann an Triumphe vergangener Zeiten. Er griff zum Telefonhörer und reaktivierte mit Georg Kofler einen ausgemachten Medienprofi. Der 44jährige Südtiroler hat in Österreich studiert und dann beim ORF seine Karriere gestartet. Ende der achtziger Jahre fungierte er als rechte Hand Kirchs. Dieser vertraute ihm seinen Sender Pro Sieben an, dem Kofler zum Durchbruch verhalf. Anders als Sat.1 war Pro Sieben ein Sender, der sich als Füllhorn erwies. 1998 wagten die Münchner gar den Gang auf das Börsenparkett.

Der Erfolg der Aktie war nicht zuletzt eine Leistung des Vorstandsvorsitzenden Kofler. Dieser verteidigte seinen Sender gegenüber der Holding Kirchs energisch. Genaue diese Verschmelzung ist jetzt auch zum Problem der Kirch-Gruppe geworden. Deswegen wird sich Leo Kirch auch für einen Wechsel der Strategie und des Personals entschieden haben.

Vor zwei Jahren nämlich hatte er Kofler vor die Tür gesetzt. Bis dahin hatte dieser als Ziehsohn des Mediengiganten gegolten. Kofler wandte sich neuen Aufgaben zu und übernahm die Leitung des Senders HOT (Homeshopping Europe). Verkaufssender und -sendungen führten stets ein Schattendasein in Deutschland. Kofler ist es immerhin gelungen, mit HOT einen ansehnlichen Jahresumsatz von 250 Millionen Euro zu erwirtschaften. Jetzt, da das Lebenswerk Kirchs vor die Hunde zu gehen droht, wurde Kofler im Januar die Leitung von Premiere übertragen.

Bei dem Bezahlsender gaben sich die von Kirch ernannten Bosse die Klinke in die Hand. Keiner schaffte es, den Betrieb aus den roten Zahlen herauszuhieven. Millionen und Abermillionen wurden für Werbung und Neukundengewinnung verpraßt. Doch der Sender kam niemals auf einen grünen Zweig. Der Grund dafür ist unumstritten: Die monatlichen Kosten sind prohibitiv hoch. Wer arbeitet, hat keine Zeit Premiere einzuschalten. Und wer arbeitslos ist, hat keine hundert Mark, die er monatlich entbehren kann. Deshalb setzte Kofler bei der Grundgebühr an. Er senkte sie für Einsteiger ab Mai 2002 auf fünf Euro herab.

Bei Pro Sieben und beim Nischenprodukt Teleshopping hat Kofler seine Fähigkeiten bewiesen. Vielleicht rettet er jetzt, nachdem Leo Kirch selbst nicht mehr zu retten ist, wenigstens dessen Holding.


 
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