© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/02 12. April 2002

 
Besonders schwerer Fall
Korruption: Bonner CDU-Politiker bleibt in Haft
Thorsten Thaler

Während die SPD in Nordrhein-Westfalen mit den Auswirkungen der Spendenaffäre ihrer Kölner Genossen beschäftigt ist, hat es nun auch die CDU erwischt. In Bonn wurde der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Stadtrat, Reiner Schreiber, unter dem Verdacht der Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall festgenommen. Der zuständige Haftrichter lehnte am Dienstag nach Angaben eines Sprechers der Bonner Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Haftverschonung und eine Freilassung auf Kaution ab. Es bestehe Flucht- und Verdunkelungsgefahr.

Der 60jährige Schreiber wird beschuldigt, als früherer Leiter der Stadtwerke bei der Modernisierung des Bonner Heizkraftwerks Nord von der Baufirma ABB Schmiergelder in Millionenhöhe erhalten zu haben. Bei dem Geschäft sollen 1,2 Millionen Mark (610.000 Euro) geflossen sein. Auf einem Schwarzgeldkonto Schreibers in Zürich seien insgesamt rund 1,5 Millionen Euro entdeckt worden, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Die Staatsanwaltschaft prüfe nun, woher das Geld stamme.

Ein Sprecher der deutschen ABB-Niederlassung in Mannheim lehnte eine Stellungnahme unter Hinweis auf die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ab. Das Unternehmen kooperiere in Fällen wie diesen stets mit den Behörden, damit die Vorgänge aufgeklärt werden könnten.

Nach CDU-Angaben trat Schreiber inzwischen von allen Parteiämtern zurück und legte auch sein Mandat als CDU-Fraktionschef im Bonner Rathaus nieder. Wenn Schreiber rechtskräftig verurteilt werde, drohe ihm der Parteiausschluß, erklärte der Bonner CDU-Vorsitzende Helmut Hergarten.

Nach der Festnahme Schreibers sucht die Stadtverwaltung nach weiteren Korruptionsfällen im Umfeld der Stadtwerke. Dabei sollen sämtliche Auftragsvergaben, Dienstreisen und Personalentscheidungen der letzten Jahre nachgeprüft werden. "Wir können nicht ausschließen, daß es weitere Unregelmäßigkeiten oder Straftaten gibt", sagte die Bonner SPD-Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann.


 
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