© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/02 26. April 2002

 
PRO&CONTRA
Fahrverbot für LKWs am Sonntag aufheben?
Elmer de Bruin / Rolf Berend

Wir sehen die bestehenden Fahrverbote als einen Schritt rückwärts. Man muß dabei beachten, daß innerhalb Europas zwanzig Länder mehr als fünfzig verschiedene Fahrverbote haben: Fahrverbote nach Zeit, Gesamtgewicht, örtliche Fahrverbote, im Zusammenhang mit Ferien und Urlaubszeiten - es gibt sogar Fahrverbote bei bestimmten Wetterlagen. Wir haben dies studiert und kamen zu der Schlußfolgerung, daß in Europa jedes Jahr mehr als 1.500 Tage verloren gehen, weil der Straßengüterverkehr ruhen muß. Grundsätzlich ist zu sagen, daß für uns die Fahrverbote die neue Grenze innerhalb der Europäischen Union bilden.

Auch die Kosten sind mit in Betracht zu ziehen: Eine Schätzung von 1997 ergab, das allein die neue französische Fahrverbotsregelung den Niederlanden 55 Millionen Euro Verluste erbrachte. Die soziale Komponente ist auch problematisch: Fahrer sind auch Menschen, die gern zu Hause sein möchten. Vor allem die internationalen Fahrer sind da betroffen, wenn sie zum Beispiel eine Strecke nach Ungarn bewältigen müssen. Das ist kaum möglich, da in Österreich das Fahrverbot bereits ab Samstag um 15 Uhr beginnt und man erst am Sonntag um 22 Uhr wieder losfahren darf. Also müssen die Fahrer ein ganzes Wochenende auf einem Rastplatz verbleiben.

Die Fahrverbote sind auch erlassen worden, weil der Schwerlastverkehr damals ein Plus an Lärm und Umweltbelastung an Wochenenden bedeutete. Dies hat sich grundlegend geändert. Jetzt gibt es "Euro 4"-Normen und "Flüsterasphalt"" und trotzdem keine Lockerung von Fahrverboten! Neue Technologien sorgen dafür, daß Argumente vergangener Jahrzehnte kaum Bestand haben können. Wir plädieren für eine unmittelbare Aufhebung der Fahrverbote auf den wichtigsten internationalen Transitachsen. Daneben ist hinsichtlich des Wildwuchses der Fahrverbote eine echte Harmonisierung notwendig.

 

Elmer de Bruin ist Abteilungsleiter für internationale Beziehungen der Transport en Logistiek Nederland(TLN) in den Niederlanden.

 

 

Einer EU-weiten "Harmonisierung der Fahrverbotsregelung" oder gar einer Abschaffung des Fahrverbotes kann nicht zugestimmt werden. Wochenendfahrverbote sollen nach dem Subsidiaritätsprinzip in nationaler Zuständigkeit bleiben.

Wenn erst einmal das Ziel der Kommission erreicht ist, das Verfahren zur Änderung der Richtlinie zu vereinfachen, besteht die Gefahr, das Fahrverbot in einem zweiten Schritt abzuschaffen. Denn falls die EU Kompetenz in diesem Bereich bekommen sollte, kann sie jederzeit neue Regelungen beschließen. Diese könnten dann für alle "Transeuropäischen Netze" gelten - darunter fallen immerhin 80 Prozent der bundesdeutschen Autobahnen. Die EU hätte somit Zugriff auf bundesdeutsches Verkehrsrecht - weitere Änderungen gegen den Willen der Deutschen wären nicht ausgeschlossen. Deutschland als klassisches Transitland wäre in besonderem Maße betroffen.Wenn Sonntags- und Schwerlastverkehr zusammenkommen ist die Katastrophe perfekt, Mega-Staus an Sonntagen auf bundesdeutschen Autobahnen wären vorprogrammiert. Eine Abschaffung des Fahrverbotes wäre genau das falsche Signal, was die EU aussenden würde: Mehr Fahrzeiten im Straßengüterverkehr würden den Verkehr nicht entzerren, sondern zu zusätzlichem Verkehr auf den Autobahnen führen und damit außerdem den Bestrebungen widersprechen, den Güterverkehr verstärkt auf die Schiene und Wasserstraßen zu verlagern. In dieser Diskussion darf die ökonomische Sichtweise nicht vordergründig sein - im Gegenteil - man muß vielmehr die Aspekte einer erhöhten Lärmbelästigung sowie Luftverschmutzung für Anwohner von Transitstrecken stärker berücksichtigen.

Auf einigen Transitstrecken beträgt der Anteil ausländischer Lkws bereits über 80 Prozent. Eine Lockerung des Wochenendfahrverbotes würde eine Steigerung der Belastung zur Folge haben, die nicht mehr hinnehmbar ist.

 

Rolf Berend ist Europaabgeordneter der CDU und Mitglied des Ausschusses für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr.


 
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