© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/02 26. April 2002

 
Dieter Salomon
Grüner Stallgeruch
von Kurt Zach

Geplättet" war er am Wahlabend: Daß er bei der Frei-burger Oberbürgermeisterwahl so deutlich vor der CDU-Konkurrentin liegen würde, hatte er zunächst selbst kaum glauben wollen. Jetzt freut er sich um so mehr: "Das war gigantisch."

Für Dieter Salomon war es eine Genugtuung: Gegen die CDU-Konkurrentin Gudrun Heute-Bluhm hatte er zuvor schon um den Lörracher OB-Sessel gekämpft und verloren, und auch die Schmerzen der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2001 dürften jetzt endgültig vergessen sein. In diese war er als Fraktionschef und "Spitzenkandidat" gezogen, und trotzdem hatten die Grünen ein Drittel der Stimmen verloren.

Jetzt hat er seine Studentenheimat Freiburg gleich zum kleinen gallischen Dorf für die ganze Grünen-Partei gemacht - endlich mal die SPD deklassiert und nicht mehr Juniorpartner sein. Endlich, nach achtzehn Niederlagen in Serie, ein Erfolg, den Parteichefin Claudia Roth am Wahlabend auch prompt zum "Durchbruch" hochjubelte.

Im Ländle sind die grünen Realos zu Hause. Dieter Salomon ist ein netter Grüner, ein Vorzeige-Realo. Er lacht immer wie ein großer Junge, mag Fußball und "joggt" wie der große Joschka. Bei Pressekonferenzen oder politischen Reden wirkt er, als würde er lieber wissenschaftliche Diskurse pflegen, statt schlichte Weisheiten zu verkünden. Und auf seiner Wahlkampf-Heimseite plaudert er so nett, harmlos und milde selbstironisch, wie man es auf einer toskanischen Wochenendhaus-Ter­rasse nicht schöner tun könnte.

Salomons Biographie ist eine ideale Mischung aus multikultureller Erfahrung, grünem Stallgeruch und intellektuellem Hintergrund. Geboren 1960 in Melbourne als Auswandererkind, aufgewachsen in einem Gasthof in Kempten, Studium in Freiburg: Politik, Ökonomie und französische Literatur. Magister mit Auszeichnung und Promotion magna cum laude.

1990 wird er jüngster Stadtrat in Freiburg, 1992 Landtagsabgeordneter, 2000 Fraktionschef. In den Parlamenten ist er in seiner Fraktion meist für Wissenschaft, Bildung, Medien und Sport zuständig. Nur in seiner ersten Legislaturperiode war er auch Strafvollzugsbeauftragter. Salomon engagiert sich: Nicht bei exotischen Projekten, sondern in wissenschaftlichen Beiräten, Instituten, Museumsvereinen. Und er ist Mitglied im Lions Club. Amtsvorgänger Fritz Kuhn gab Mandat und Fraktionsvorsitz in Stuttgart auf, um Parteichef in Berlin zu werden. Salomon will beides sausen lassen, wenn er OB wird. Statt des Sprungs in die große Politik ein Rückzug ins Überschaubare, ins "gallische Dorf" - auch wenn es die erste Großstadt wäre, die grün regiert werden würde.

Wenn man ihn auf den Wandel der Grünen von der Protest- zur Regierungspartei anspricht, verweist er gern auf den SC Freiburg: "Dann wißt ihr, was Veränderungen sind". Am Sonntag hat der SC sich drei Punkte näher ans rettende Ufer gekämpft. Aber in der Abstiegszone rudert er immer noch. Dieter Salomon ist eben ein Realo.


 
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