© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/02 03. Mai 2002


Chuzpe im Amt
von Matthias Bäkermann

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's völlig ungeniert" - auf diese Weise läßt sich die Politik des Verteidigungsministers Rudolf Scharping in den letzten Wochen und Monaten am ehesten auf den Punkt bringen. Mit seiner schriftlichen Zusicherung an den französischen Finanzminister, alle 73 Airbus-Transporter zu kaufen, obwohl die Finanzierung nach Beschluß der parlamentarischen Gremien nur für 40 Maschinen gesichert ist, stellte er die staunende Öffentlichkeit zum wiederholten Male vor die Frage, ob Chuzpe oder Inkompetenz der Leitfaden seines Handelns ist. Für letzteres sprach zumindest die fehlende Abstimmung zwischen dem in den USA weilenden Minister und seiner Staatssekretärin Brigitte Schulte, die den Journalisten in Berlin genau das Gegenteil von dem erklärte, was ihr Chef in Washington gerade zum besten gab.

Selbst vor dem Haushaltsausschuß war Scharping nicht in der Lage, genaue Auskunft darüber zu geben, wieviele Flugzeuge denn nun angeschafft werden. Fest steht nur, daß 5,1 Milliarden Euro bewilligt sind. Falls die Schadensersatzsumme in diesem Betrag schon eingerechnet ist, können am Ende nur 20 Flugzeuge angeschafft werden - die Leidtragenden wären die Soldaten, denen wegen der Unfähigkeit ihres Dienstherren wieder einmal Material vorenthalten würde.

Obwohl der grüne Haushaltsexperte Oswald Metzger droht, daß dann "die Koalition ein Problem kriegt", wird Schröder fünf Monate vor der Bundestagswahl an seinem Kabinettschwachpunkt festhalten, denn niemand sonst wird auch in Zukunft finanzielle Ressortkürzungen besser abnicken als Scharping.


 
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