© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/02 03. Mai 2002

 
PRO&CONTRA
Schützensportvereine entwaffnen?
Jürgen Müller-Hirschmann / Friedrich Gepperth

In erster Linie müßte man den Sportschützen und auch den Schützenvereinen nicht mehr die Erlaubnis geben, Großfeuerwaffen beziehungsweise Handfeuerwaffen und die dafür zugehörigen Waffenbesitzkarten (WBK) zu besitzen oder zu autorisieren. Es müßte vom Gesetzgeber dahingehend die Einschränkung erfolgen, daß die Waffen, die der Schützenverein für sich benötigt, um das Vereinsleben weiter betreiben zu können, in einer Zentralstelle aufbewahrt und auch verwaltet werden. Es darf nicht wie bisher möglich sein, daß jemand, der in einen Schützenverein eintritt, also Mitglied wird, dort Waffenerlaubnis oder Besitzkarte bekommt. Es darf nicht wieder vorkommen, daß Unbefugte oder Menschen, denen man die sittliche Reife nicht zugestehen kann, bei denen persönliche Unsicherheiten vorhanden sind, über die Schützenvereine oder über Sportvereine in die Lage versetzt werden, Waffen zu besitzen.

Kleinkalibergewehre sind für die Vereinstätigkeit der Sportschützenvereine vollkommen hinreichend, und diese sollten ihnen auch überlassen bleiben. Alle anderen Waffen haben bei diesen Vereinen nichts zu suchen.

Es geht darum, daß das Waffenarsenal, was wir bei vielen vorfinden, die eine Waffenbesitzkarte haben, abgeschafft wird. Diese Menschen fühlen sich doch durch die WBK dazu legitimiert, diese Waffen in größeren Mengen zu Hause zu haben. Damit öffnen sie Tor und Tür für den Mißbrauch. Es geht darum, ein Depot zu schaffen, wo die Waffenausgabe zentral von einem autorisierten Verwalter übernommen wird. Ansonsten sind nur Soldaten, Jäger oder die Polizei berechtigt, Waffen ständig bei sich zu tragen oder aufzubewahren.

 

Jürgen Müller-Hirschmann ist Präsident des Bundes Deutscher Jäger e.V. (BDJ) in Bonn.

 

 

Sportschießen mit scharfen Waffen gibt es in der Bundesrepublik seit 50 Jahren. Es gibt cirka zwei Millionen Sportschützen. Die Zahl der Mißbrauchsfälle mit legalen Waffen ist völlig vernachlässigbar. Wir haben weniger als fünf Mißbrauchsfälle pro Jahr mit Verletzten oder Toten. Dies bei einer Bevölkerung von 80 Millionen und jährlich über 850.000 Sterbe- bzw. Todesfällen.

Daß die legalen Waffenbesitzer nicht das Problem sind, wurde in der Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestags am 20. März 2002 von allen Sachverständigen und allen Parteien einvernehmlich festgestellt. Insbesondere auch nachdrücklich von den Sachverständigen der verschiedenen Polizeigewerkschaften.

Wir haben nun einen entsetzlichen Einzelfall, bei dem eine große Zahl von Menschen umgekommen ist. Wenn man nun aus diesem einzigen Fall die Konsequenz ziehen würde und den Sportschützen die scharfen Waffen wegnähme, würde man praktisch nichts gewinnen. Denn es gibt einen großen illegalen Waffenmarkt, auf dem man sich mit etwas Aufwand und Geld jederzeit eine scharfe Waffe besorgen kann. Hätte Robert Steinhäuser nicht die Möglichkeit gehabt, legal an scharfe Waffen zu kommen, so hätte er sein Vorhaben mit Sicherheit nicht einfach aufgegeben. Jemand, der soviel Energie zur Vernichtung anderer Menschen aufbringt, läßt nicht nur deshalb von seinem Vorhaben ab, weil er keine legale Möglichkeit zur Beschaffung der Tatmittel hat. Alternativ hätte er viele Möglichkeiten gehabt, angefangen von illegalen Waffen bis zu selbstgebastelten Sprengsätzen und ähnlichem.

Einer unserer Verfassungsgrundsätze ist die Verhältnismäßigkeit. Es ist völlig unverhältnismäßig, wegen einem wahnsinnigen Mörder zwei Millionen völlig unschuldige Bürgerinnen und Bürger zu bestrafen. Die Verbesserung der öffentlichen Sicherheit wird dadurch in keinem Fall erreicht.

 

Friedrich Gepperth ist Präsident des Bundes Deutscher Sportschützen 1975 e.V. in Berlin.


 
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