© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/02 03. Mai 2002

 
Georg Gafron
Ende der Allmacht
von Ronald Gläser

Leo Kirch wird als Berater in seinem insolventen Konzern weiterhin ein ansehnliches Gehalt beziehen. Aber viele festangestellte und freie Mitarbeiter stehen vor einer womöglich schmerzhaften "beruflichen Umorientierung". Selbst höchsten Führungskräften steht eine Entlassung ins Haus. Georg Gafron - Herr über ein kleines Medienimperium in der deutschen Hauptstadt (der lokale Fernsehsender "TV Berlin", der Radiosender "100,6" und die Berliner Marktführerin im Segment Boulevardzeitung, die B.Z.) - ist einer von ihnen.

Eine linke Weisheit lautet, ein Antifaschist, der nichts weiter sei als ein Antifaschist, sei gar nichts. Die Charakterisierung gilt auch "umgekehrt": Georg Gafron, geboren 1954 in Thüringen, ist der Prototyp des Antikommunisten, der nichts als ein Antikommunist ist.

Gafrons Aufstieg begann beim Radiosender Rias. 1987 wurde er Chef von "100,6". Der Privatsender bot dem "roten", öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Stadt Paroli. Regelmäßig wurde bei der Kirchtochter die Nationalhymne gespielt und an die Teilung der Stadt erinnert. Aus konservativen CDU-Kreisen wurden reihenweise neue Moderatoren rekrutiert. Damals machte bei der rechten Berliner JU das Sprichwort die Runde: "Kannst Du deutlich sprechen und bist in der Union, geh zu Gafron, der gibt dir ein Mikrofon." Zuletzt initiierte der Sender im Sommer 2001 eine breite antikommunistische Kampagne, um - erfolglos - den Einzug der PDS in das Rote Rathaus zu verhindern.

Obwohl Gafron sogar über die Gründung eines eigenen Marschmusiksenders nachdachte, betrachtet er mittlerweile auch eine Abgrenzung nach Rechts als notwendig. 1989 betraten die Republikaner mit einem Triumph die politische Bühne. Sie zogen unerwartet ins Berliner Abgeordnetenhaus ein. Zu den unfreiwilligen Vätern dieses Erfolges gehört zweifellos Georg Gafron. Sein Sender begleitete die Wahlkampagne der Republikaner mit Sympathie.

Die etablierten Parteien waren von dem REP-Wahlerfolg geschockt. Es galt, den Grundsatz zu verteidigen, demzufolge neben der CDU nur rechtsextremes Terrain sei. Und obwohl Gafron 1977 aus der politischen Bevormundung der SED-Diktatur geflohen war, widersetzte er sich politischen Vorgaben der Obrigkeit nicht. Gafron wurde ganz und gar zum Sprachrohr der Union. Während der Anti-Rechts-Kampagne im Jahr 2000 forderte er gar den Rücktritt des SPD-Genossen und Staatsministers im Auswärtigen Amt, Christoph Zöpel, weil dieser der JUNGEN FREIHEIT ein Interview gegeben hatte.

Menschlich gilt Gafron als wenig einfühlsam. Es heißt, wo er auftauche, da rollten Köpfe. Allerdings räumen selbst Kritiker ein, daß er den Niedergang der BZ zügig beendet hat. Dennoch steht nicht nur "100,6", sondern auch "TV Berlin" vor dem Aus. Bleibt Gafron nur noch seine Aufgabe bei Springers B.Z. Der Hauptstadt wird er also erhalten bleiben.


 
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