© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/02 03. Mai 2002

 
Frisch gepresst

Paul Ernst. Die neuklassischen Dramen des 1866 im Harz geborenen Dichters und Publizisten Paul Ernst könnten vergessener nicht sein. Nachruhm, der mit dem des Generationsgenossen und zeitweiligen politischen Weggefährten Gerhart Hauptmann zu vergleichen wäre, hat Ernst auch mit seinen autobiographischen und zeitkritischen Schriften nicht ernten können. Was nicht heißt, daß er kein faszinierendes Objekt für die Historiker der deutschen Bildungs- und Ideengeschichte wäre. Mit seiner "Zurückweisung liberal-demokratischer Ordnungsvorstellungen" ist Ernst locker im Lager der "Konservativen Revolution" unterzubringen, so daß die mit dieser Formation hinlänglich vertraute Hildegard Chatellier als kompetente Biographin des Denkers und Dichters in Betracht kommt. Wie in einer ausführlichen Rezension noch zu zeigen sein wird, löst sie, zahlreiche Nachlaß-Zeugnisse verwertend, ihre Aufgabe, ungeachtet vieler gouvernantenhafter Töne, recht passabel (Die Verwerfung der Bürgerlichkeit. Wandlungen des Konservatismus am Beispiel Paul Ernst 1899-1933. Königshausen& Neumann, Würzburg 2002, 253 Seiten, 30 Euro).

Stalin-Note. Bis 1990 wurde in jeder akademischen Diskussion über eine eventuelle Wiedervereinigung die Stalin-Note vom 10. März 1952 bemüht. Vielfach wurde die Option als letzte Chance eines gesamtdeutschen Staates wahrgenommen, die durch Adenauers Westorientierung verspielt worden wäre. In Zeiten der Zweistaatlichkeit diente die Stalin-Note somit der Konstruktion hypothetischer Wolkenschlösser, ähnlich der Frage, was einem geglückten Hitler-Attentat gefolgt wäre oder einem Sieg des Deutschen Ritterordens bei Tannenberg. Nachdem das Wolkenschloß der deutschen Vereinigung Realität geworden ist, ist die Stalin-Note naturgemäß aus dem Interessenspektrum gerückt. Fast pünktlich zur 50jährigen Wiederkehr dieses Ereignisses nimmt sich nun der Oldenbourg-Verlag in seiner Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte der Stalin-Note an und verspricht neue Quellen und Analysen. Unter der Ägide des Historikers Jürgen Zarusky werden auch anhand mittlerweile zugänglicher Akten aus sowjetischen Archiven die wahren Absichten Stalins zu ergründen versucht, obwohl diese heute kaum noch von historischem Gewicht sind (Die Stalin-Note vom 10. März 1952. München 2002, 212 Seiten, 24,80 Euro).


 
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