© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de   21/02 17. Mai 2002


Eine Generation stirbt aus
Vertreibung: Die Seniorenakademie Heidenheim widmet sich der Erinnerung
Alexander Barti

Das Thema "Vertreibung" bleibt trotz aller Tendenz zur Verharmlosung im Bewußtsein der Deutschen verankert; schon allein deswegen, weil Millionen von Betroffenen der Kriegs- und Nachkriegsgeneration unter uns leben, unsere Eltern, Großeltern und Verwandten sind.

Als 1998 die Seniorenakademie in Heidenheim gegeründet wurde, um älteren Erwachsenen die Möglichkeit zu bieten, "ohne formale Zulassungsvoraussetzungen ausgewählte Themen in kleinen Gruppen unter Anleitung und Begleitung nach wissenschaftlichen Standards selbständig zu bearbeiten", entschloß man sich zu einem "Zeitzeugen-Projekt der Heimatvertreibung". Die Teilnehmer trafen sich im 14tägigen Turnus, um zunächst persönliche Erinnerungen auszutauschen; motiviert war man von dem Wunsch, der jüngeren Generation Zusammenhänge aufzuzeigen, um der "Unkenntnis und dem Vergessen entgegenzuwirken".

In dem bereits 2000 veröffentlichten Bändchen, das als ein Ergebnis der Projektarbeit entstanden ist, sind die Erlebnisse von 16 Zeitzeugen dokumentiert. "Was ist Ihnen wichtig mitzuteilen? Was sollte nicht ins Vergessen geraten? Was sollte (wieder) bekannt werden?" - lauteten die Leitfragen, an denen sich die Berichterstatter zu orientieren hatten. Die Beiträge wurden nach der geographischen Lage angeordnet, mit Nord-Osten beginnend (Christel Fleischmann, geboren 1921 in Königsberg) und im Süd-Osten endend (Rudolf Krauser, geboren 1928 in Temeschburg). Die Geburtsjahre der Teilnehmer liegen in der Zeitspanne von 1913 bis 1938; entsprechend unterschiedlich ist die Sicht und das Erleben der Verteibung aus der Heimat. Hinzu kommt der Unterschied zwischen der Vertreibung aus reichsdeutschen Territorien jenseits der Oder und den Streusiedlungen in Südosteuropa, etwa aus Jugoslawien oder Siebenbürgen. Ein wichtiger Aspekt ist bei den Schilderungen auch die neue Heimat Südwestdeutschland, an die sich die Jüngeren schnell gewöhnen konnten. Unterstützt wurde das Projekt unter anderem von der 1961 geborenen Landtagsabgeordneten Inge Gräßle (CDU).

Seniorenakademie Heidenheim: "Es gibt nicht mehr so viele aus meiner Generation..." Zeitzeugen der Heimatvertreibung, Lebensläufe - Lebensgeschichten. Heidenheim 2000, 184 Seiten. Kontakt: Wilhelmstr. 10, 89518 Heidenheim.


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