© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/02 24. Mai 2002

 
Ins Strudeln geraten
Neuer Markt: Gontard & Metallbank in Not
Erol Stern

Einst war der "Neue Markt" - ein Börsensegment mit vereinfachten Zulassungsvoraussetzungen - Lieblingskind der Anleger und Investoren. Ende 1999 war ihre Meßlatte, der "Nemax", drastisch gestiegen, um sich nach dem Platzen der gewaltigen Spekulationsblase Anfang 2000 in einer globalen Börsenkrise zu verlieren.

Im Rahmen der allgemeinen Internet- und Börseneuphorie hatten Unzählige ihre in Aktienwerte umgewandelten Gelder (teils auch durch Kredite finanziert), wildfremden Menschen anvertraut. Derart gewagte Unterfangen kosten seitdem reihenweise vermeintlichen Profis den Kopf. So hatte die traditionsreiche Gontard & Metallbank, scheinbar aller kaufmännischen Vorsicht zum Trotze, Kredite mit überbewerteten Aktien ihrer mittlerweile vielfach insolventen Schuldnerunternehmen abgesichert, was in den letzten Wochen und Monaten zahlreiche Wertberichtigungen nach sich zog und schließlich die Eigenkapitalquote unter acht Prozent sinken ließ.

Daraufhin verhängte die jüngst gegründete Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) als erste große Amtshandlung ein Moratorium (Schließung für den Kundenverkehr) über das Bankenhaus. Deren (ebenfalls angeschlagener) Mehrheitsaktionär, der Finanzdienstleister und ehemalige Strumpfband-Hersteller Gold-Zack, war eine Woche zuvor Ziel einer verdächtigen Kursmanipulation gewesen.

Nach der letzten Freitag angemeldeten Insolvenz wird nun geprüft, was von dem Finanzinstitut noch zu retten ist. Als weiterer Stolperstein in dieser Affäre hatte sich die Konzentration und Spezialisierung der Bank auf die Begleitung bei Börsengängen, vornehmlich am Neuen Markt, erwiesen. Somit war, neben dem Versiegen von Erlösen aus allgemeinen Börsengeschäften, eine weitere lukrative Einnahmequelle eingebrochen und der Neue Markt der Bank in dreierlei Hinsicht zum Verhängnis geworden. Selbst wenn es gelingen sollte, die Organisation aufzufangen, zweifelt man in Bankenkreisen ernsthaft an deren endgültiger Rettung.

Auch wenn der private Kunde durch die Mitgliedschaft im Einlagensicherungsfonds kaum Schaden erleiden dürfte, so ist der Ruf der deutschen Bankenbranche mit Hinblick auf den Berliner Bankenskandal nachhaltig angekratzt. Da in der deutschen Bankenlandschaft derzeit größtenteils kein beziehungsweise nur wenig Geld verdient wird, sollte man diese Tendenzen als Warnruf für einen erneuten Börsencrash berücksichtigen. Branchenintern laufen schon seit längerer Zeit Wetten, welche Versicherungen, Bausparkassen und Banken es demnächst erwischt. Auch hier sind Rücklagen, die einst dem Aktienmarkt anvertraut wurden, vielfach in beängstigender Weise geschmolzen, so daß sich Konflikte mit rechtlichen Auflagen abzeichnen.

Die nächsten Jahre in der bundesdeutschen Wirtschaft versprechen also Hochspannung. Bleibt zu hoffen, daß das im "Retro-Design" gehaltene Emblem der Gontard & Metallbank nicht zu einem Meilenstein eines gescheiterten Wirtschaftsaufschwungs wird.


 
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