© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/02 07. Juni 2002

 
Der dritte Versuch
Schleswig-Holstein: Die CDU hat einen neuen Landesvorsitzenden
Jochen Arp

Seit Sonnabend hat die schleswig-holsteinische CDU wieder einen Vorsitzenden. Er heißt Peter Harry Carstensen, ist Diplom-Agraringenieur und stammt von der nordfriesischen Insel Nordstrand. Seit 1983 sitzt er im Bundestag und nennt sich einen "durch die Heimat geprägten Konservativen".

Viel mehr kann man von dem 55. Landesparteitag der CDU Schleswig-Holstein kaum sagen. Die Berichte des bisherigen Landesvorstandes, der Landtagsfraktion und die Leitlinien für ein Regierungsprogramm 2002 bis 2006 ergaben nichts Neues. Einen Zukunftsentwurf der CDU für Schleswig-Holstein erwartet man vergebens. Aber das war auch gar nicht vorrangig, die Sehnsucht der Delegierten, die zu 98 Prozent erschienen waren, eine sensationelle Anwesenheitsquote, die zeigt, daß die Basis nach einer Klärung der innerparteilichen Verhältnisse gierte. Nach den jahrelangen Streitigkeiten in der CDU-Führung und der dritten Wahl eines Vorsitzenden innerhalb der letzten fünf Jahre, war diese Haltung nur zu gut nachvollziehbar.

Mit Carstensen, einem urigen gemütlichen, unideologischen Typ, sollen die Gräben innerhalb des Landesverbandes zugeschüttet und Harmonie wieder hergestellt werden. Alle Redner beschworen die nötige Geschlossenheit. Richtigen Schwung bekam der Parteitag aber erst, als die Bundesvorsitzende Angela Merkel sprach. Während die anderen Redner lediglich brave Berichte ablieferten, feuerte Merkel locker und angriffslustig ihre Mitglieder an, kampfbereit zu sein, zuzupacken, Konflikte nicht zu scheuen und Selbstbewußtsein zu zeigen. Sie ermahnte die schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten, im Untersuchungsausschuß wegen des SPD-Filzes in der Landesregierung auch wirklich energisch vorzugehen, was innerhalb dieses Ausschusses wegen der Konsenssucht der CDU-Mitglieder schwer fallen dürfte. Sie verlangte einen leidenschaftlichen Wahlkampf zur Bundestagswahl mit dem Willen zum Sieg.

Die Delegierten wirkten wie erlöst und jubelten ihr minutenlang stehend zu. Es bleibt abzuwarten, ob ihre Lokalfürsten im hohen Norden nicht wieder als Opposition in die Schläfrigkeit zurückfallen, die sie auszeichnet, wenn sie sich untereinander streiten. 


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen