© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/02 07. Juni 2002


Leserbriefe

Zu: "Die Populisten kommen" von Michael Wiesberg, JF 23/02

Die Ochsentour

Populist wird man in Deutschland schnell. Doch was populistisch ist, muß auch populär sein. Es muß das Denken des Volkes und dessen Probleme zielgenau treffen. Eigentlich ein Grundstein jedes demokratischen Denkens, wenn es denn wirklich um Demokratie ginge. Demokratie setzt die Mitbestimmung des Souveräns voraus. Der Souverän ist das Volk, doch dessen Mitbestimmung beschränkt sich auf Wahlen oder das Durchmachen der Ochsentour in politischen Parteien. Letzteres führt in der Regel dazu, zumindest im Lager der Etablierten, das man sich selbst der politischen Korrektheit unterwerfen muß, wenn man aktiv am politischen Willensbildungsprozeß teilhaben will.

So wird aus der Stimme des Volkes die Stimme der politischen Kaste und selbst der, der mit hehren Zielen und gutem Willen den Weg des Politikers beschreitet, muß fürchten, entweder assimiliert oder gebrandmarkt zu werden. So scheint der Weg in die Zone der Denkverbote unaufhaltsam zu sein. 

Heinrich von Hammersbach, Hannover

 

 

Zu: "Das gefundene Fressen" von Dieter Stein, JF 22/02

Unbestechliche Wächter

Da hatten die "Politisch Korrekten" ihren großen Tag. Möllemann, einer der Ihren, gelegentlich aufmüpfig und politisch eigenwillig, wagte gegen den Sprachkonsens zu verstoßen, und prompt traf ihn die rundum geschlagene Antisemitismus-Keule der unbestechlichen Wächter. Hysterie und Heuchelei waren die pikanten Zutaten, um den Versuch von Ausgrenzung, wenn nicht gar strafprozessualer Ahndung, anzustoßen. In der folgenden Antisemitismus-Keilerei entfernten sich die Kombattanten immer mehr von dem eigentlichen Thema, die Sicherheit und der Bestand des Staates Israel und seine Bedrohung durch radikale Palästinenser-Gruppen.

Vergeßlichkeit und Verharmlosung bei der Beurteilung des Palästinenser-Problems sind im linken Lager in. Die Selbstmordanschläge entsetzen hierzulande keinen mehr. Erinnert man sich nicht mehr, wie die palästinensischen Flüchtlinge in Jordanien einen Umsturz des haschemitischen Königreiches versuchten und schon ihrem Ziel nahe waren, als König Hussein und sein Reich von den Beduinen gerettet wurden? Im Zuge der blutigen Abrechnung flohen die Palästinenser in den Libanon, wo man sie zu gern loswerden will, und als Bedingung für ein umfassendes Abkommen wird deren Rückführung verlangt. Dies würde ihre Heimkehr in ein schon übervölkertes Land bedeuten und den schon bestehenden Druck gegen Israel noch weiter verstärken. Die hohe Geburtenrate der Palästinenser dürfte die Vernichtung des Staates Israels, allein schon, um Siedlungsraum zu gewinnen, immer wieder auf die Tagesordnung setzen. Selbst ihren arabischen Nachbarn gelten sie als unheimlich und unberechenbar. In den Golfstaaten und Saudi-Arabien, die als Aufnahmeländer in Frage kommen könnten, verweigert man sich ihnen. Ihr Haß und Fanatismus stehen einer guten und nachhaltigen Friedenslösung im Nahen Osten entgegen. Den gescholtenen Hardlinern in Israel ist Illusionslosigkeit zur Handlungsmaxime geworden.

Hans-Alfred Berger, per E-Post

 

Tabus sind tabu

Die billigenden Äußerungen von Jürgen Möllemann bezüglich der palästinensischen Terrorakte gegen die israelische Bevölkerung waren unerhört und werden zurecht von der breiten Mehrheit der Politiker kritisiert. Die aktuelle Kritik des Zentralrates der Juden in Deutschland sowie zahlreicher Politiker aller Parteien an Möllemann bezieht sich jedoch auf seine Äußerungen über die Politik des israelischen Premiers Ariel Scharon sowie über das Auftreten von Michel Friedman, CDU-Mitglied und stellvertretender Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland, in der Öffentlichkeit. Auch wenn ich Möllemanns Ansichten über Israel in keinem Fall teile, bin ich doch der Ansicht, daß derartige Meinungsäußerungen in Deutschland nicht tabuisiert werden dürfen. Es muß - auch in Deutschland - möglich sein, die Politik eines Landes oder eines Politikers zu kritisieren, ohne dafür im Gegenzug in die rechte Ecke oder die Nähe Haiders gestellt zu werden. Die Kritik an Friedman teile ich hingegen voll und ganz. Als langjähriges CDU-Mitglied möchte ich sagen: Friedman ist für viele Deutsche zurecht der Inbegriff für Intoleranz und aggressive Selbstdarstellung. Friedman schadet dadurch ebenso der CDU, mit der er durch seine Mitgliedschaft in Verbindung gebracht wird, wie auch - als stellvertretender Vorsitzender des Zentralrates - den Juden in Deutschland. Daß Möllemann ihm als Konsequenz daraus vorwirft, dem Antisemitismus durch dieses Auftreten den Boden zu bereiten, ist seine persönliche Auffassung. Diese Auffassung kann man teilen oder auch nicht; die Vorwürfe, die daraufhin Paul Spiegel in die Welt gesetzt hat, sind jedoch wesentlich gefährlicher. Leider färbt das Verhalten von Herrn Friedman bereits auf den Zentralrat der Juden ab; anders ist wohl kaum zu erklären, daß ein streitschlichtendes Gespräch - wie vom ehemaligen Bundesaußenminister Kinkel vorgeschlagen und von Möllemann gutgeheißen - vom Zentralrat abgelehnt wird und er im Gegenzug die Äußerungen Möllemanns als "größte Beleidigung seit dem Holocaust" tituliert. Angesichts einer derartigen sprachlichen Entgleisung Paul Spiegels sollte man sich die Frage stellen, ob solche Formulierungen aus Reihen der eigenen Interessenvertreter den Juden in Deutschland nicht einen viel größeren Schaden zufügen als die auf die Person Michel Friedman bezogene Kritik von Jürgen Möllemann. 

Matthias Hauer, Essen

 

Propagandakampagnen

Wenn Chefredakteur Dieter Stein es für nötig hält, Wochen nach einem Interview dem Interviewpartner in einem Kommentar auf Seite eins "haarsträubenden Unsinn" zu unterstellen, ist dies bemerkenswert und wohl einem erdrückenden BRD-Klima geschuldet, in dem auch er nur "vorgestanzte Meinungsschablonen ausfüllen" darf, wie Doris Neujahr auf Seite zwei treffend bemerkt.

Steins Fokus auf die innenpolitische Gemengelage verschleiert die wahren Intentionen dieser vom Zentralrat der Juden geschickt und wohl nicht ganz selbständig inszenierten "Antisemitismus-Debatte", durch die vor allem vom israelischen Staatsterrorismus, der seit Jahrzehnten mit westlichen Geldern betriebenen völkerrechtswidrigen expansionistischen Siedlungsstrategie und einem brutalen Okkupationsregime abgelenkt werden soll. Zu einem kritischen Zeitpunkt, als die Sharon-Regierung die Verhinderung einer Dschenin-Untersuchungskommission mit der Freilassung Arafats erkaufen mußte und das Ansehen Israels in Deutschland als nach den USA wichtigstem "Geberland" ernsthaft beschädigt wurde, werden die Deutschen wieder mit sattsam bekannten Propagandakampagnen eingeschüchtert.

Jamal Karslis globale "zionistische Lobby" ist keineswegs eine persönliche Phantasmagorie, und gerade Dieter Stein hätte diese Behauptung unschwer verifizieren können. Bei intensiverem "Nachfassen" wäre er beispielsweise auf die Äußerung Ariel Sharons gegenüber Shimon Peres gestoßen, in der Sharon erregt bekannte: "We, the Jewish people, control America, and the Americans know it." (Kol Yisrael Radio, 3. Oktober 2001).

Alfred Wollmann, Erding

 

Unmündige Dauerbesiegte

Wieder einmal zeigt sich bei dieser Debatte die fast absolute Gleichschaltung unserer Medien und der gut eingeübte Kotau unserer Politikerkaste vor den politischen Zweckmäßigkeiten, das heißt vor den Mächtigen dieser Welt. In unserer Tabu-Republik, wo die peitschenschwingenden Meinungswächter auf jeden eindreschen, der von den oktroyierten und sakralisierenden Meinungsbildern abweicht, muß man sich wohl darauf einstellen, daß das Volk noch sehr lange im Status der unmündigen Dauerbesiegten gehalten wird. Und das Volk hat sich nach jahrzehntelanger Gewöhnung an diesen Zustand mit seinem Los abgefunden und ist froh darüber, wenigstens an seinen noch nicht unter Meinungsquarantäne stehenden Stammtischen ab und zu laut dagegen aufmurren zu dürfen. "Die Gedanken sind frei", so beginnt eines unserer schönsten deutschen Volkslieder; sie sind in unserer so prächtigen Demokratie immer noch frei. 

Sebastian Weikershofer, Frankfurt am Main

 

 

Zur Verbandskastenmeldung "Junge Union Brandenburg", JF 22/02

Alles nur kopiert

Schön, daß sich die JU-Brandenburg schon nach gut zwei Jahren des Nachdenkens dazu durchgerungen hat, mehr Geld für die Familien zufordern, um diesen die Möglichkeit zur "freien Wahl der Kinderbetreuung" zu geben. Die zitierten Forderungen entsprechen schon bekannten Vorschlägen, die im Internet nachzulesen sind.

An den derzeit diskutierten Problemen von Kostensätzen und Personal von Kitas und Kindergärten zeigt sich die Unzulänglichkeit des jetzigen Modells. Die Deutsche Partei fordert die Streichung sämtlicher Subventionen für Kitas, Kindergärten et cetera bei gleichzeitiger drastischer Erhöhung des Kindergeldes beziehungsweise Einführung eines Erziehungsgehaltes. Die Eltern hätten dadurch die freie Wahl zwischen öffentlicher und privater Erziehung, da mit diesem erhöhten Kindergeld auf Wunsch der Kindergarten oder eine ähnliche Einrichtung bezahlt werden könnte. Besteht dieser Wunsch jedoch nicht, so würden endlich jene Mütter, die wegen ihrer Kinder zu Hause bleiben und dort wertvolle Sozialarbeit leisten, nicht noch zusätzlich bestraft.

Die Frauen, die lieber einer Erwerbstätigkeit nachgehen möchten, hätten jedoch auch weiterhin keinen Nachteil. Auch eine private Altersvorsorge des erziehenden Elternteils wäre durch das stark erhöhte Kindergeld möglich. Die Finanzierung dieses Modells ergibt sich durch die Streichung der Subventionen von allein.

Die JU-Forderung "Zuerst hätten die Eltern die Verantwortung für die Kindererziehung, deshalb darf es in Brandenburg kein staatliches Erziehungsmonopol geben." findet meine volle Zustimmung. Für den Wähler ergibt sich jedoch als Konsequenz: Lieber gleich dem innovativen Ideenträger das Vertrauen schenken.

Uwe Lipowski, Zossen

 

 

Zu: "Sie sollen uns mit ihrem Mitleid in Ruhe lassen" Gespräch mit Peter Sichrovsky, JF 22/02

Unterscheidungen

Die von wohltuend toleranter Gemütslage bestimmte Argumentation des Peter Sichrovsky vermeidet offensichtlich geradezu ängstlich den Begriff des Laizismus. Die fehlende Unterscheidung zwischen Judentum (Religion) und israelischer Politik (Staat) resultiert nicht aus mangelndem Unterscheidungsvermögen jedweden Beurteilers, sondern schließt sich aufgrund ihrer einheitlichen Verknüpfung aus. 

Albrecht Herrmann, Lübeck

 

 

Richtigstellung

Sie stellen Peter Sichrovsky als Autor von Ignaz Bubis' Autobiographie "Damit bin ich noch längst nicht fertig" vor. Dies trifft nicht zu.

Die JUNGE FREIHEIT hat in den Ausgaben 2/01 und 40/01 berichtet, die Witwe des 1999 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignaz Bubis, und der Campus-Verlag hätten sich in einem vor dem Kammergericht Berlin geschlossenen Vergleich mit mir geeinigt, die über mich in der Bubis-Autobiographie im Kapitel "geistige Brandstifter" verbreiteten unwahren und beleidigenden Behauptungen nicht zu wiederholen. Die Witwe und der Verlag hätten eine Entschädigung an mich gezahlt. Die restliche Auflage der Autobiographie wurde eingestampft. Zuvor war auch dem Ullstein-Buchverlag vom Landgericht Berlin unter Androhung eines Ordnungsgeldes verboten worden, die Taschenbuchausgabe von 1998 weiter zu verbreiten. Es wurde ebenfalls ein Schadenersatz an mich gezahlt.

Herr Sichrovsky hat die Zahlung eines Schadensersatzes an mich dadurch abwenden können, daß er vor Gericht vortragen ließ, er habe auf der Grundlage von Interviews mit Ignaz Bubis nur eine erste Fassung der Autobiographie entworfen, in der die mich betreffenden Äußerungen nicht enthalten waren. Nach Unstimmigkeiten mit dem Verlag und Bubis sei man übereingekommen, daß Bubis das Manuskript von einem anderen Autor überarbeiten lasse, er aber als Co-Autor des Buches genannt werde. Er habe aber keine Möglichkeit gehabt, im weiteren auf die Fassung des Buches Einfluß zu nehmen.

Karl-Heinz Schüler, Baden-Baden

 

 

Zu: "Sorgenvolle Blicke" von Alexander Barti, JF 21/02:

Fragwürdige Äußerungen

Der Kanzler warnt in diesem Gespräch vor einer gefährlichen "Re-Nationalisierung, auch mit Hinblick auf die Nachbarstaaten, unter vordemokratischen Vorzeichen". Da muß mir doch glatt entgangen sein, daß wir ungefragt entnationalisiert worden sind, und von wem wohl? Auch unseren Nachbarn, speziell den Franzosen, ist das garantiert von ihren Regierungen nicht eröffnet worden. Und die Demokratie beginnt für den Kanzler wohl auch erst im Jahr 1998 mit seiner Kanzlerschaft.

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zum Leserbrief "Suspekte Erkenntnisse", JF 21/02

Rezept statt Horoskop

Dr. Briemle verweist darauf, daß jede Krankheit psychische Gründe habe. Besonders dem Krebs gingen in der Regel kleinere seelische Signale voraus. Erst wenn man auf diese nicht reagiere, ginge der Körper schließlich zur Selbstzerstörung über. Dr. Briemle glaubt an esoterische Hintergründe, die mit spiritueller Psychologie bzw. Astrosophie aufzuhellen wären. Demgegenüber hat Dr. Hamer schon vor Jahrzehnten nachgewiesen, daß jedem Krebs ein schwerer seelischer Konflikt zugrunde liegt, der im Hirn wie ein Blitz einschlug und dort Spuren hinterließ, die man im CT erkennt.

Als Oberarzt an Universitätskliniken fand er heraus, daß nichtbehandelte Krebspatienten eine 10 bis 20fach höhere Überlebenschance haben als diejenigen, die sich den schulmedizinischen Operationen, Bestrahlungen und Chemotherapien unterwarfen. So gelangte er zu der Auffassung, daß Mutter Natur nicht gut und böse kennt, und daß es deshalb keine Krankheiten gibt, sondern nur sinnvolle biologische Sonderprogramme, in die man nicht hineinpfuschen sollte.

Die Erkenntnisverweigerung erinnern an Galileis zurückgewiesenes Angebot an den Papst, sich durch einen Blick ins Fernrohr selbst von einer astronomischen Tatsache zu überzeugen. Nur mit dem Unterschied, daß man über jene Geschichte heute lachen kann, während das möglicherweise unnötige Leiden und Sterben von Millionen Krebspatienten weniger lustig ist.

Jedenfalls würde ich im Ernstfall mit meinem CT zu Dr. Hamer gehen, anstatt mit meinem Horoskop zu Dr. Briemle.

Sigrid Beck, per E-Post

 

 

Zum Leserbrief "Bekannte Strategien", JF 21/02

Falsche Behauptungen

Der besagte Leserbrief ist sachlich falsch und leider auch persönlich angreifend. Die Deutsche Partei (DP) hat mehrere hundert Mitglieder und keine 20. Die DP hat die Fehler anderer Parteien untersucht und will einen neuen Weg gehen. Herr Kappel hat am 12. Dezember und am 26. Januar durch gemeinsame Gespräche versucht, eine Basis für Zusammenarbeit zu schaffen. Er hat immer betont, seine Person sofort in den Hintergrund zu stellen, wenn es der gemeinsamen Sache dient.

Ulrich Pätzhold, Schöllach


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