© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/02 14. Juni 2002

 
Der lange Schatten der DDR
PDS: Die Bundestagsabgeordnete Angela Marquardt wurde als Stasi-Spitzel enttarnt
Alexander Barti

Auf der Internetseite der PDS-Bundestagsabgeordneten Angela Marquardt ( www.angela-marquardt.de ) heißt es nett und gänzlich harmlos: "Angela Marquardt wurde am 3. September 1971 in Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern) geboren. Ihre Kindheit und Schulzeit hat sie in Greifswald erlebt. Politik, das war zu der Zeit gleichbedeutend mit SED. Sie hat sich nicht dafür interessiert. Spätestens seit einem Parteiverfahren gegen ihre Mutter aber stand SED gleichbedeutend mit Intoleranz, mit der Unfähigkeit, andere Ideen zu akzeptieren, selbst wenn sie im Interesse der DDR waren. Ihre Eltern haben kein staatlich-politisches Engagement gefordert und nicht erwartet, daß sie die SED-Mitgliedschaft beantragt. Die Eltern verließen Greifswald 1987, aber Angela blieb da. Schule, Sport und Internat wurden die bestimmenden Dinge in ihrem Leben. Doch nicht lange. Drei Jahre und eine Wende später zog sie aus dem Internat in ein besetztes Haus in der Pfarrer-Wachsmannstraße."

Nun enthüllte Spiegel-online am 11. Juni, daß Angela Marquardt sehr wohl anderes im Kopf hatte, als nur Schule und Sport: Sie hatte sich als 15jährige freiwillig zum Spitzeldienst für die DDR-Staatssicherheit (Stasi) gemeldet. In den jetzt aufgefundenen Akten in der Stasi-Unterlagenbehörde Rostock (IM-Vorgang I 612/87) heißt es in einer am 3. April 1987 handschriftlich verfaßten Erklärung: "Ich, Angela Marquardt, verpflichte mich freiwillig, das MfS (Ministerium für Staatssicherheit, d. Verf.) in seiner Arbeit zu unterstützen. Meine Entscheidung beruht auf meiner politischen, ideologischen Überzeugung (...) Ich möchte, daß Feinde unschädlich gemacht werden und Menschen, die auf dem falschen Weg sind, geholfen wird (...) Ich werde für alle das MfS interessierende Fragen den mir bekannten Mitarbeiter informieren. Zur Wahrung der Konspiration wähle ich das Pseudonym 'Katrin Brandt'. Über die inoffizielle Zusammenarbeit mit dem MfS und alle damit zusammenhängenden Probleme werde ich gegenüber jedermann Stillschweigen bewahren. Ich wurde zur Wahrung der Konspiration in Wachsamkeit und Geheimhaltung eingewiesen und belehrt. Angela Marquardt 3.4.87".

Daß Marquardt verläßlich gewesen sein muß, belegen Aktenvermerke bis weit in das Wendejahr 1989. Am 8. September 1989 wird festgehalten, daß Marquardt als "Perspektivagentin" nach ihrem Schulbesuch auf Theologiestudenten angesetzt werden sollte; Ziel war die Evangelische Studenten Gemeinde (ESG), zu der sie am Beginn des Semesters Kontakt aufnehmen sollte. Und am 27. September 1989, als 18jährige und wenige Wochen vor dem Fall der Mauer, berichtete sie ihrem Führungsoffizier von den Diskussionen in der Klasse über das Neue Forum in Leipzig. Noch am Dienstag dementierte Marquardt die Vorwürfe und erklärte, "wissentlich" habe sie nie mit dem MfS zusammengearbeitet.


 
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