© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/02 21. Juni 2002

 
WIRTSCHAFT
Bauarbeiterstreik für immer weniger
Bernd-Thomas Ramb

Die Gewerkschaft Bauen, Agrar und Umwelt hat den Streik ausgerufen. 97 Prozent der Mitglieder stimmten für die flächendeckende Arbeitsniederlegung. Betroffen ist vor allem der Bereich Bauindustrie. Streikursache ist die Weigerung der Unternehmer, der gewerkschaftlichen Forderung nach 4,5 Prozent Lohnerhöhung zu folgen. Die Arbeitgeber hatten die Baulöhne nur um 3 Prozent in diesem und 2,1 Prozent im nächsten Jahr anheben wollen. Dabei dürfte das Angebot der Arbeitgeber bereits die Schmerzgrenze überschritten haben, denn der Niedergang der Bauindustrie hält weiter an. Im ersten Quartal dieses Jahres sind im Vergleich zum Vorjahr die Aufträge nochmals um mehr als 10 Prozent zurückgegangen und die Zahl der Beschäftigten um weitere 90.000 Bauarbeiter gesunken.

Sicher wird selbst eine Lohnerhöhung von 4,5 Prozent die Lohntüte der Bauleute kaum voller und die Einkaufstüte leerer machen. Steuern und Inflation lassen die Kaufkraft in größerem Umfang sinken. Andererseits sind selbst kleinste Lohnerhöhungen für viele in der Baubranche wirtschaftlich unvertretbar. Wie auch immer das erstreikte Lohnergebnis aussehen mag, die Firmenpleiten und Entlassungen werden in der Bauindustrie zunehmen. Fatal wirkt sich das vor allem auf die ohnedies unter hoher Arbeitslosigkeit leidenden neuen Bundesländer aus. Gerade die jungen Bauunternehmen werden dort kaum durchhalten können, wenn sie nicht mehr mit geringer entlohnten Mitarbeitern und minimalen Gewinnen den Westfirmen Konkurrenz bieten dürfen. Wieder einmal wird die beschäftigungstödliche Wirkung von Flächentarifverträgen und bundeseinheitlichem Gewerkschaftsdenken deutlich. Nur einige wenige werden für kurze Zeit ein paar Prozent mehr Lohn genießen können.


 
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