© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/02 28. Juni 2002


Schill kommt
von Dieter Stein

Und nun tritt die sogenannte "Schill-Partei", die Partei Rechtsstaatlicher Offensive doch zur Bundestagswahl an. Keiner hatte mehr damit gerechnet, nachdem der Vorstand der Partei offenkundig damit beschäftigt war, das Zustandekommen eines positiven Parteitagsbeschlusses zu verhindern. Schill, seit dem sensationellen Wahlsieg vom Frühjahr Innensenator und zweiter Bürgermeister Hamburgs, hatte gute Gründe, die Teilnahme seiner Partei zu verhindern: desolate Organisation, leere Kassen, schlechte Umfragewerte.

Eigentlich spricht alles gegen eine Kandidatur dieser Partei. Daß dennoch der Druck der Parteimitglieder so groß war, liegt auch an der trotz Stoiber offensichtlichen Repräsentationslücke des deutschen Parteiensystems. Es fehlt eine Partei, die wie die FPÖ in Österreich, die Partei des ermordeten Pim Fortuyn in den Niederlanden oder die Volkspartei in Dänemark den massenhaften bürgerlichen Protest gegen kaum unterscheidbare etablierte Parteien artikuliert.

Schill stand offenbar unter enormem Druck des Hamburger Establishments um CDU und Springer-Presse. Die "Korruption durch Nähe" hat bei manchem Hamburger Schill-Funktionär schon gewirkt. Man drohte Schill mit Liebesentzug und dem Verbannen der Partei in die Rechtsaußenecke, wie man es schon dutzende Male zuvor mit konservativer Konkurrenz getan hatte. So mußte "Richter Gnadenlos" zum Jagen getragen werden. Es wäre aber eine nicht chancenlose Premiere, wenn eine bereits an einer Landesregierung beteiligte populistische Partei deutschlandweit zu wählen wäre.


 
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