© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/02 05. Juli 2002

 
Neue Technologien: Unsterbliche Gene
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Angelika Willig

An eine "Auferstehung des Fleisches" glauben auch die meisten Katholiken nicht mehr. Doch könnte diese naive Vorstellung von Unsterblichkeit realistischer sein als jede bloß geistige Identität.

Auferstehen soll der Tasmanische Tiger. Vor siebzig Jahren ist das letzte Exemplar dieses hundeähnlichen Beuteltieres mit Tigerstreifen auf dem Rücken von tasmanischen Bauern erschossen worden. Seit 1999 arbeitet Mike Archer, Direktor des Australischen Museums in Sydney, mit Eifer daran, das landestypische Tier wieder aufzuerwecken. Nötig ist theoretisch nur eine einzige konservierte Zelle. Im Australischen Museum gibt es glücklicherweise mehrere in Spiritus eingelegte Beuteltiger-Embryonen. Daß sie mausetot sind, ist nicht das Problem. Die Probleme, die hier noch viel Zeit kosten werden, gibt es grundsätzlich auch beim Klonen lebendiger Tiere. Der Kern einer Körperzelle wird entnommen und das Erbmaterial darin in die Eizelle der vorgesehenen Leihmutter eingebracht. Nur daß es sich in unserem Fall um eine artfremde Mutter handeln muß; das verwandte Beuteltier Tasmanischer Teufel bietet sich an. Um die Art wieder einzubürgern, wie es vorgesehen ist, werden mindestens zwei Klone gebraucht, ein weiblicher und ein männlicher. Eine Känguruh-Version von Adam und Eva. Wie sich herausgestellt hat, liegt die Hauptschwierigkeit beim Klonen darin, daß die einzelnen Körperzellen zwar noch das ganze Genom enthalten, aber schon so spezialisiert, daß bestimmte Gene mehr und andere weniger aktiviert sind. Es ist nötig, sie wieder in eine Art Grundzustand zu versetzen, sonst gibt es Mißbildungen, die meist zum frühen Absterben der Frucht führen. Deswegen bedarf es auch in der Praxis einer großen Menge von Zellen, die sich Archer durch erfolgreiches Kopieren immerhin zu verschaffen wußte. "Wir sind weiter als jedes andere Team, das am Projekt ausgestorbener Tiere arbeitet", erklärt er selbstbewußt.

Weiter wohl vor allem deshalb, weil sein Ehrgeiz vergleichsweise bescheiden ist. In die Geschichte einzugehen als erster Mensch, der Tote zum Leben erweckte, wenn auch nur tote Beuteltiere, das reicht den anderen nicht. Sie denken bereits über das vor 4000 Jahren ausgestorbene Mammut nach, dessen Knochenreste im sibirischen Frost gut erhalten geblieben sind. Theoretisch wäre es möglich, auch daraus das nötige Genmaterial zu gewinnen. Die Basensequenz, auf die es ankommt, ist nicht an das Leben der Zelle gebunden. Sie funktioniert wie eine Schrift, aus der auch nach Jahrhunderten noch die farbigsten Gebilde emporsteigen können, wenn ein Kundiger auf sie stößt.

Die erschreckende Artenvernichtung durch den Menschen könnte vom Menschen aufgehalten werden. Naturschützer fürchten jedoch schon eine Verunstaltung unserer Landschaft durch halbmißglückte Dinosaurier-Klone.


 
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