© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/02 12. Juli 2002

 
Kein Freund Tirols
Italien I: Franco Frattini könnte Außenminister werden
Beatrix Madl

Bereits unmittelbar nach den italienischen Parlamentswahlen im Mai vorigen Jahres bestätigte er selbst gegenüber Medienvertretern für das Amt des Innenministers im Gespräch zu sein, genauso wie jetzt, da es um den Posten des Außenministers geht. Wenn Italiens Minister für den Öffentlichen Dienst, Franco Frattini, seinen Parteifreund Silvio Berlusconi damit festnageln wollte, so ist der zweite Versuch sicher besser gelungen als das erste Mal.

Der Name des gutaussehenden 45jährigen Forza Italia-Politikers wird nun auch in den internationalen Medien als der des zukünftigen Außenministers gehandelt - derzeit bekleidet Berlusconi dieses Amt noch in Personalunion. Doch durch diplomatische Zurückhaltung zeichnet sich Frattini gerade nicht aus: Im Juni hatte er bereits international von sich reden gemacht, als die italienische Nationalelf in der Fußball-WM gegen Südkorea ausschied. Er war es, der dem ecuadorianischen Schiedsrichter am lautesten die Schuld dafür gab. "Einen skandalöseren Schiedsrichter habe ich noch nie gesehen. Jemand muß uns das erklären", schimpfte der Römer.

Über nationale Belange wacht der scharfzüngige Wahlbozener überhaupt sehr gern. Die Südtiroler haben ihn als einstigen Regionenminister während Berlusconis erster Regierungszeit noch in wenig guter Erinnerung. Autonomiefragen bezeichnete er schon mehrfach als "rein inneritalienische Angelegenheit". Zudem ist er ein Verfechter der italienischen Ortsnamen in Südtirol, die noch aus der Zeit des Faschismus stammen.

Der Chef der Südtiroler Volkspartei, Siegfried Brugger, bezeichnete sogar einst den Vorsitzenden der postfaschistischen Alleanza Nazionale in Südtirol, Giorgio Holzmann, als "solideren Gesprächspartner" als den polemisierenden und polarisierenden Franco Frattini. Als dieser im vorigen Jahr im Wahlkreis Bozen-Unterland als Kammerabgeordneter kandidierte, scheiterte er und kam erst über eine weitere Kandidatur in einem italienischen Wahlkreis in die Kammer. Das tat der Karriere des geschiedenen Vaters einer Tochter aber keinen Abbruch, genauso wenig wie die schweren Anklagen des ermordeten Regierungsberaters Marco Biagi. Das Opfer der Roten Brigaden hatte sich in Briefen kurz vor dem Attentat heftig über den Entzug des persönlichen Sicherheitsschutzes beklagt.

Die ansonsten gut funktionierenden Geheimdienste Italiens hatten offenbar keine Gefahr von linksextremer Seite für Biagi gewittert. Franco Frattini, der auch für den im Geheimen operierenden Öffentlichen Dienst zuständig ist, wurde nicht einmal nach einer möglichen Verantwortlichkeit gefragt.


 
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