© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/02 19. Juli 2002


Meldungen

Adolf Butenandt in der "Vernichtungsforschung"

BERLIN. Der Biochemiker Adolf Butenandt (1903-1995) zählt nicht nur zu den bedeutendsten Naturwissenschaftlern des 20. Jahrhunderts, als langjähriger Präsident der Max-Planck-Gesellschaft war er auch eine der wissenschaftspolitischen Schlüsselfiguren der bundesdeutschen Geschichte. Eine solche Figur, die auch noch ihren Nachlaß bis 2025 für die Forschung sperren läßt, muß "Entlarver" anziehen. So jetzt den einst im RAF-Milieu aktiven Karl-Heinz Roth und Angelika Ebbinghaus von der Bremer Stiftung für Sozialgeschichte, die nach Butenandts "wissenschaftsethischen Grenzüberschreitungen" nach 1933 fragen (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Heft5/02). Ihre Hauptthese, der Hormon- und Krebsforscher habe sich mit seinem Kaiser-Wilhelm-Institut an "Medizinverbrechen" beteiligt, steht allerdings auf wackligen Füßen. Da Butenandt offenbar nicht direkt an Forschungsprogrammen zu biologischen Waffen und chemischen Kampfstoffen beteiligt war, ist für Roth und Ebbinghaus eine vage "Mitwisserschaft" schon ausreichend, um zu behaupten, ohne Intellektuelle wie Butenandt wäre die "NS-Diktatur niemals zum völkermörderischen Griff nach der Weltmacht fähig gewesen".

 

Fortschritte bei Öffnung russischer Archive

DÜSSELDORF. Angesichts des Dauerstreits um die Stasi-Akten gewinnt vielleicht bald eine leninistische Variante die Oberhand: In der Sowjetunion war es üblich, von Zeit zu Zeit unbequemes Archivgut mittels "Makulatur"-Kampagnen zu entsorgen und so Papierrohstoff zu volkswirtschaftlichen Zwecken zu gewinnen. Verglichen mit diesen Tiefstpunkten der russischen Archivgeschichte kann Hermann Schreyer von der Entwicklung nach 1991 ein fast idyllisches Bild zeichnen. Waren einst die Archive Teil des totalitären Systems und fielen in NKWD-Zuständigkeit, haben sich seit zehn Jahren fast westliche Standards durchgesetzt (Der Archivar, 2/02). Seit 1997 liegt auf Russisch und Englisch eine Bestandsinformation der Moskauer und Petersburger Archive vor, die auch ausländischen Historikern trotz aller Verluste eine inhaltsreiche Quellenbasis zur russischen Geschichte präsentiert.

 

Die Präsenz der Antike in Hitlers Weltbild

MÜNCHEN. Als der Berliner Historiker Alexander Demandt 1985 erstmals Washington besuchte, sei ihm dort die Allgegenwart der Antike aufgefallen: die römischen Capitole, die kraftstrotzenden Männer- und Frauenfiguren, Adler und Rutenbündel - dies habe auf ihn wie "purer Faschismus" gewirkt (Historische Zeitschrift, Band 274/02). In diesem anekdotisch angedeuteten Jahrhundertkontext analysiert Demandt Adolf Hitlers Verhältnis zur Antike. Der habe nicht nur die Kunst der Griechen und die Politik der Römer bewundert. Obwohl er wesentliche Elemente der klassischen Kultur wie Demokratie, Republikanismus und Philanthropie ausblendete und ihm die Antike zum Klischee geriet, habe er im Gegensatz zu Himmler oder Rosenberg die Vorfahren und die Vorbilder der Deutschen nicht im Norden, sondern im Süden gesucht. In dieser Bewunderung blieb Hitler bis zuletzt gefangen: Während Paris 1944 atomisiert werden sollte, ließ er Rom kampflos räumen.

 

Erste Sätze

Unter allen wohlgesonnenen Lesern, die diese Blätter finden mögen, wird vermutlich einer sein, der sich der Überzeugungskraft des gedruckten Wortes widersetzen wird: ich denke an Sie, mein hochverehrter Freund und lieber Meister Slevogt!

Johannes Guthmann: Bilder aus Ägypten. Berlin 1917


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