© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/02 26. Juli / 02. August 2002

 
Meldungen

Magnetkarten statt russischem Korridor

VILNIUS. Der litauische Präsident Valdas Adamkus hat in der Frage eines russischen Korridors ins nördliche Ostpreußen eine rasche Lösung angemahnt. "Wir haben Präsident Putin in einem persönlichen Gespräch vorgeschlagen, daß Moskau und Brüssel nicht bis 2004 warten sollen, also bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem wir hoffentlich EU-Vollmitglied sein werden", sagte der 75jährige der Wiener Presse. Schon heute müsse verhandelt werden, "wie die Visa-Frage für die Russen aus Kaliningrad gelöst werden kann". Sein Land habe vorgeschlagen, an alle russischen Bürger des Oblast Kaliningrad Magnetkarten auszugeben, die beim Grenzübertritt registriert werden. "Das wäre ein vereinfachtes Visumverfahren ohne Papierkrieg, Bürokraten und Geldwechsel", erklärte der konservative Politiker. Auf die Frage nach der Zukunft der russischen Enklave antworte er: "Der gegenwärtige juristische Status von Kaliningrad ist von den Großmächten 1945 entschieden worden. Wenn sie das als endgültige Lösung des Zweiten Weltkriegs ansehen, dann soll es so sein. Das ist ihr Problem. Kleine Länder wie Litauen haben da sicher keine Mitsprache."

 

Mit Mehrheitswahlrecht gegen EU-"Rechte"

WIEN. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer hat sich letzte Woche nach einem Treffen mit führenden EU-Sozialdemokraten und Sozialisten für die Abschaffung des Verhältnis- und die Einführung des Mehrheitswahlrechts ausgesprochen. Dies könne ein "Konzept gegen den Rechtsextremismus" sein. Auf heftige Kritik der Grünen stellte der 42jährige aber klar, es handle sich nur um einen "Gedanken" für Europa, nicht für Österreich. Gusenbauer meinte zu den Befürchtungen der Grünen, dann nicht mehr parlamentarisch vertreten zu sein, "man könnte eine Zusammenarbeit überlegen". Eine "Kooperation" könnte der Abschluß eines Wahlbündnisses sein. Beim Mehrheitswahlrecht, das in Frankreich und Großbritannien gilt, wird in kleinen Wahlkreisen nur je ein Mandat an den stimmenstärksten Bewerber vergeben. Kleinere Parteien haben gegen die organisierten großen keine Chancen mehr.

 

Portugiesische KP maßregelt Funktionäre

LISSABON. Die portugiesische KP (Partido Comunista Português/PCP) hat letzten Freitagabend Disziplinarmaßnahmen gegen Ex-Funktionäre bekanntgegeben. Edgar Correia und Carlos Luís Figueira wurden aus der PCP ausgeschlossen, die Mitgliedschaft von Ex-Fraktionschef Carlos Brito soll für zehn Monate ruhen. Die drei Kritiker der Parteiführung, denen unter anderem "Fraktionsbildung" und "Schädigung der Partei durch öffentliche Äußerungen" vorgeworfen worden waren, wollen die Disziplinarmaßnahmen nicht akzeptieren. Die drei kündigten an, sich dagegen zu wehren. Die Wahlallianz aus Grünen und Kommunisten (CDU/ Coligação Democrática Unitária) hatte bei den Parlamentswahlen im März nur noch sieben Prozent erreicht.

 

Neue Partei will Türkei in die EU führen

ANKARA. Der zurückgetretene türkische Außenminister Ismail Cem hat letzten Montag eine neue Partei gegründet. "Yeni Türkiye" (YT/Neue Türkei) verspricht, das Land in die EU zu führen. "Wir wollen eine Erneuerung in allen Lebensbereichen. Die Türkei ist ein großes Land, und wir müssen uns von den Ängsten der Vergangenheit befreien", forderte Cem anläßlich der Gründung. Er wolle alles unternehmen, um die Reformen in der Türkei so weit voranzutreiben, "daß die EU uns im Dezember einen Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen anbietet". 60 weitere Ex-Abgeordnete der linksnationalen DSP von Premier Bülent Ecevit, darunter Ex-Vizepremier Hüsamettin Özkan, zählen zu den Gründungsmitgliedern. YT kann so eine eigene Fraktion im Parlament bilden.


 
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