© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/02 26. Juli / 02. August 2002

 
Moderne Heidi in malerischer Alpenlandschaft
Kino II: "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer" von Christian Carion
Ellen Kositza

Sandrine (Mathilde Seigner) ist 30, erfolgreiche Informatikerin, ein Stadtmensch. Ihr Traum vom Leben auf dem Land ist für die hübsche Pariserin über Jahre hinweg von einer fixen Idee zu einer immer fester umrissenen Vision geworden, die sie nun in die Tat umzusetzen drängt. Sie trennt sich von ihrem Freund, läßt sich in einem zweijährigen Kurzstudium zur Landwirtin ausbilden und findet den Hof ihrer Träume verlassen und recht herabgewirtschaftet im landschaftlichen Idyll der französischen Voralpen.

Die Sache hat einen Haken: Zwar ist der alte, eigensinnige Bauer (Michel Serrault), der durch BSE bereits vor zehn Jahren seinen gesamten Rinderbestand verlor, müde geworden und will sich zur Ruhe setzen. Doch zumindest für die nächsten zwei Jahren will er auf seinem Anwesen wohnen bleiben, das feste Vorhaben im Kopf, der alleinstehenden Großstadtpflanze Sandrine zu zeigen, daß ein Bauernhof eben eine Männerwirtschaft ist.

Es ist schnell abzusehen, daß die Filmhandlung also auf einer Klischeestruktur basiert: Unterschätzte junge Frau krempelt die Ärmel hoch, um einem bärbeißigen Alten zu zeigen, wie falsch man mit Vorurteilen liegen kann und wie schön überhaupt das Leben doch sein kann. Daß das Vorhergesehene mit allen absehbaren Umwegen dann auch tatsächlich eintritt, daß Sandrine weder Mühe noch Kosten scheut, aus dem Ziegenhof ein florierendes Bergbauernunternehmen mit Landhaus-Charme zu entwickeln, obgleich der mißtrauische Kauz ihr Stein für Stein in den Weg legt und ihr die Arbeit erschwert, tut der französisch-belgischen Produktion jedoch keinen Abbruch. Daß liegt zum einen daran, daß innerhalb des schlichten Grundmusters bei erstklassiger schauspielerischer Leistung feinnuancierte Zwischentöne zum Tragen kommen, zum anderen bestechen die traumhaften Naturaufnahmen, die prächtige Alpenlandschaft, in der Mathilde Seigner alias Sandrine als moderne Heidi in engem Hemd und kurzer Hose ihre Ziegenherde weiden läßt. Sicher nicht zuletzt auch, weil nationale Produktionen in anderen Ländern immer eine Art Heimat-Bonus genießen, wurde "Une hirondelle a fait le printemps" - so der Originaltitel - in Frankreich zu einem beachtlichen Kassenerfolg. Wem Urlaubszeit oder -geld diesmal nur bis Balkonien reichen, sei der kurzweilige Film mit seinem malerischen Leinwandpanorama für eineinhalbstündige Kurzferien empfohlen. Der Film startet bundesweit am 1. August in den Kinos.


 
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