© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/02 26. Juli / 02. August 2002

 
Leserbriefe

Zu: "Großkonzerne werben für Klimaschutz" von Franz Alt, JF 29/02

Es gibt kein Klima

Seit vielen Jahren betätigt sich Franz Alt als Prediger in Sachen Klimaschutz. Mit seiner Werbung für das Großkapital zeigt er einmal mehr, daß er nicht mehr in der realen Wirklichkeit, sondern in ideologischen Luftschlössern lebt. Doch hätte er in der Schule aufgepaßt, dann wüßte er, daß es keinen Naturvorgang Klima gibt. Klima ist eine Fiktion. Überall auf der Erde gibt es nur Wetter, das nach langen Jahren der Beobachtung statistisch zu Klima (mittleres Wettergeschehen) verdichtet wird. Klima ist sozusagen die Folge von Wetter, aber nicht die Ursache!

Kein Mensch käme auf die abstruse Idee, auch nur einen Cent in den Schutz des Wetters zu stecken! Wenn Großkonzerne wie Telekom, ABB, BP oder Shell ihre Liebe zum Klima entdeckt haben und den Geist von Koyto beschwören, dann aus reiner Liebe zum Geld. Dieses stinkt nicht und regiert bekanntlich die Welt.

Mag auch der Kohlendioxid-Emissionshandel florieren und satte Gewinne abwerfen, die rund um den Globus zirkulierenden Milliarden werden eines nicht ändern: Das Wetter! Seit dem 1. April 1999 haben wir die Ökosteuer. Durch diese staatliche Umverteilungsaktion "Geld gegen Klima" wandern aus der Tasche des Bürgers inzwischen jährlich 15 Milliarden Euro in den korrupten Staatssäckel, ohne auch nur das Geringste am Wetter und damit am Klima zu ändern!

Auch der UN-Umweltchef Klaus Töpfer wirbt für diese moderne Art der nachhaltigen Ausbeutung des Bürgers durch Vater Staat. Die klimatischen Folgen dieses neuzeitlichen Ablaßhandels sind heute schon erkennbar. Der bürgerliche Kaufkraftverlust verschlechtert das Konsum- und schädigt das Arbeitsmarkt- wie das Wirtschaftsklima. Sehr effizient!

Dr. Wolfgang Thüne, Oppenheim

 

 

Zu: "Angriff auf Europa" von Doris Neujahr, JF 29/02

Absurde Verzerrung

Dank der JUNGEN FREIHEIT und Doris Neujahr weiß ich jetzt, daß Marxismus und Freudianismus wissenschaftliche Gedankengebäude sind, Bourgeoisophobie dagegen nur ein Affekt. Allerhöchstens ein Affekt kann es sein, wenn Doris Neujahr ihre Einschätzung von Israel zum besten gibt: "... als straff geführter Militärstaat, in dem zionistische Ayatollahs und fundamen-
talistische Siedler unter Berufung auf jahrtausendealte Bibeltexte alles unternehmen, die Palästinenser über den Jordan zu treiben." Dies ist eine absurde Verzerrung der Realität. Entgegen der medialen Behauptungen einer moralischen Äquivalenz, sind im Nahostkonflikt richtig und falsch deutlich unterscheidbar. Die Quelle des Konflikts speist sich aus den Bemühungen der Palästinenser, Israel zu zerstören. Die israelische Armee ist gezwungen, Palästinenser zu töten, weil seit fünfzig Jahren Palästinenser israelische Bürger und Juden anderer Nationalitäten ermorden, angestachelt durch die islamischen Staaten in der Nachbarschaft Israels. Gewalt, die zur Verteidigung angewendet wird, ist moralisch anders zu bewerten als Gewalt, die zur Zerstörung eingesetzt wird. Der unbeabsichtigte Tod von Zivilisten in der Anwendung von Gewalt, um sich selbst zu verteidigen, ist vollkommen und absolut etwas anderes als das geplante Vorgehen gegen Zivilisten, um sie zu vernichten. Um es noch klarer zu sagen: Das Töten von Palästinensern würde aufhören, wenn sie aufhörten, Israelis zu töten. Umgekehrt gilt dies aber nicht: Je mehr die Israelis den Wünschen der Palästinenser nachgaben, desto mehr Tote gab es auf israelischer Seite, da die Palästinenser jedes Entgegenkommen nur als Zeichen der Schwäche deuten.

Bezeichnend auch, daß Doris Neujahr den amerikanischen Energieverbrauch mit Barbarei in Verbindung bringt. Die Amerikaner sind nicht nur die größten Energieverbraucher auf diesem Planenten, sondern auch die größten Produzenten, ohne deren Großzügigkeit einige von den ökologisch vorbildlichen Hungerleidern der dritten Welt schon lange untergegangen wären. 

Wolfgang Scheide, per E-Post

 

 

Zu: "Furchtbare Juristen" von Franz Uhle-Wettler, JF 29/02

Gnade zur Genüge

Sie schreiben zum Strafurteil gegen den Nazi-Mörder Engel: "Einst gab es Verjährung. Vor allem gab es einst Gnade." Nun, daß Mord nicht verjährt, ist eine Ausnahme, die das Strafrecht vorsieht, weil es uns graust, daß der Täter, wie Sie schreiben, "jahrzehntelang unbehelligt ... eine achtbare Existenz aufbauen" konnte, während die Opfer die ganze Zeit über tot sind: "Dein Mund geht auf und zu, und seiner ist mit Erde vollgepfropft. Du lebst und er, der besser war als du, er ist hin." (von Hofmannsthal)

Und Gnade? Wann gab es sie: Zur Tatzeit etwa? Da der damalige Reichsjustizminister Dr. Thierack an Freisler schrieb: "Im allgemeinen muß sich der Richter des Volksgerichtshofes daran gewöhnen, die Ideen und Absichten der Staatsführung als das Primäre zu sehen, das Menschenschicksal, das von ihm abhängt, als das sekundäre." Da das Erwachsenenstrafrecht, auch wenn es die Todesstrafe vorsah, auf ausländische Jugendliche angewendet wurde, weil das Jugendstrafrecht ausdrücklich nur für Deutsche galt?

Engel wurde nicht zur lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, obwohl diese in Paragraph 211 des Strafgesetzbuches für Mord zwingend vorgeschrieben ist. Man nennt das "grundrechtskonforme Auslegung" des Gesetzes: Das Gericht verstößt, etwa in Anbetracht des Zeitablaufs, zugunsten des Angeklagten gegen den ausdrücklichen Wortlaut. Außerdem hat das Gericht auf die Inhaftierung des 93jährigen verzichtet - für einen 59fachen Mörder sollte das genug der Gnade sein.

Florian Wolfrum, Göttingen

 

 

Zu: "Europa, feige und neidisch" von Paul Gottfried, JF 29/02

Unentschuldigte Verbrechen

Es ist immer wieder frappierend zu lesen, mit welcher ungeheuerlichen Unverschämtheit, frei von jeder historischen Selbstbetrachtung, sich konservative US-Amerikaner zur moralischen Weltmacht Nummer eins ausrufen. Bei vielen US-Amerikanern - in diese Kategorie könnte auch der aktuelle Präsident gehören - handelt es sich weniger um Frechheit als vielmehr um einen aus mangelnder Bildung und Naivität resultierenden Reflex. Die Intellektuellen aber setzen sich über ihnen bekannte historische Tatsachen hinweg. Die USA wären ohne drei der größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte nicht vorstellbar: Die Ausrottung der Urbevölkerung, die Versklavung der Farbigen und den nur mühsam verbrämten Diebstahl eines Drittels ihres Territoriums von Mexiko. Für keines dieser Verbrechen hat es auch nur eine Entschuldigung gegeben, gar nicht zu sprechen von Wiedergutmachung. Im Gegenteil: Die Geschichte wurde und wird noch immer mit Frechheit und Naivität verdreht. Die ersten Jahrzehnte der Unterhaltungsindustrie von Hollywood lebten von der Diffamierung der bereits weitgehend beseitigten Urbevölkerung. Der primär aus wirtschaftlichen Gründen geführte Sezessionskrieg wurde zum Befreiungsepos umgewertet. Aus dem Diebstahl von Texas wurde der Nationalmythos "Alamo" geschöpft.

Diese moralinfreie, ausschließlich vom Willen zur (Welt-) Macht determinierte Geschichte findet ihre ungebrochene Fortsetzung in der wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung verbrecherischer Diktatoren von Battista bis Marcos; sie kulminiert in dem angeblich nur aus Sorge um die Menschenrechte geführten Feldzug gegen Afghanistan bei gleichzeitigem Ignorieren von Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien und China. "Cherry on the pie" ist dann die Weigerung, sich der Gerichtsbarkeit der Vereinten Nationen zu unterwerfen. Bei nüchterner Analyse kann man nur sagen: Wenn ein Land alle Voraussetzungen für die Definition "Schurkenstaat" erfüllt, dann die USA. Nicht nur Europa ist gut beraten, vor diesen USA auf der Hut zu sein.

Dr. Georg Wittuhn, Hamburg

 

Kriegsentscheidungen

Daß "kräftige, unverdorbene Amerikaner" Europa befreit hätten, ist kindische Angabe. Die waren nicht kräftiger und unverdorbener als Europäer und stützten sich im Einsatz voll auf Materialüberlegenheit ab. Schließlich brauchten diese "Naturburschen" samt ihren Milliarden Verbündeten 3 1/2 Jahre und Atombomben, um von fremden Territorien aus, bei völlig ungestörten, friedensmäßigen heimatlichen Lebens- und Produktionsbedingungen und ungehindertem Zugriff auf alle Bodenschätze und Ressourcen zwei ihnen selber schon zahlenmäßig unterlegene Völker mit bereits völlig überdehnten Fronten niederzuringen und die Gebiete zurückzugewinnen, die diese binnen weniger Wochen handstreichartig erobert hatten. Sicher auch das eine Leistung, wenn auch eher eine organisatorisch-industrielle als militärische. Wahr ist freilich, daß einzig amerikanische Hilfe es den vom Kontinent Verjagten und Geflohenen ermöglichte, dort wieder Fuß zu fassen, und auch die Sowjets verdankten ihre schließlichen Erfolge vorrangig amerikanischen Materiallieferungen und der Invasionsfront. Kurz: den Krieg haben die Amis entschieden, niemand sonst und egal wie. 

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zu: "Verhöhnt, erniedrigt, gedemütigt" von Werner H. Krause, JF 28/02

Unverschämtheiten

Als ehemaliger politischer Häftling der DDR danke ich Ihnen ganz besonders dafür, daß Sie sich dieses leidigen Themas annehmen. Mir wurde vor einem Jahr vom Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin eine Erhöhung meiner Altersrente zugesprochen. Den entsprechenden Bescheid hatte ich unverzüglich meinem Rententräger, der BfA in Berlin, zugeleitet. Nachdem ich monatelang von dort keine Reaktion erfuhr, mahnte ich die Erledigung des Vorgangs an, worauf ich keine Antwort erhielt. Erst nach wiederholter Rückfrage erhielt ich im vergangenen Mai die Mitteilung, ich möge mich nicht weiter bemühen und mahnen. Zu gegebener Zeit würde man von selbst darauf zurückkommen. Da ich 76 Jahre alt und an einem schwerem chronischen Leiden erkrankt bin, hofft man dort wohl, mein Fall würde sich durch baldiges Ableben von selbst erledigen.

Dies ist kein Einzelfall. Ein ehemaliger Schulkamerad, ebenfalls Verfolgter des DDR-Regimes, hat mit der BfA die gleichen Erfahrungen gemacht. Auch er wartet noch immer auf die minimale Rentenerhöhung, die ihm wie mir zugesprochen wurde.

Daß ich von der Stasi nach meiner Flucht in die Bundesrepublik auch hier noch verfolgt wurde, sei nur am Rande erwähnt. Offizielle Stellen warfen mir vor, ich hieße am Ende gar nicht Schroeter und hätte in der DDR einen anderen Namen getragen. Zufällig waren damals meine Eltern aus der DDR hier zu Besuch und stellten diese Unverschämtheit mit Empörung richtig.

Ich zog daraus die Lehre, daß ich mich nie wieder politisch engagieren werde. Nur mit den Wölfen werde ich dennoch nicht heulen - das verbieten mir Anstand und Gewissen. 

Alfred Schroeter, Worms

 

 

Zu: "Hundert vergessene Jahre" von Paul Leonhard, JF 28/02

Wandlungen und Inhalte

Wie andere Begriffe auch unterliegen geographische Bezeichnungen Wandlungen und wechselnden Inhalten. Insbesondere geographische Begriffe sind eng an die Zeit gebunden, in der sie entstehen und mittels derer definierte Territorien umrissen werden.

Die Oberlausitz als ehemaliges Markgrafentum stellte spätestens seit der Teilung infolge der Bestimmungen des Wiener Kongresses kein politisches Territorium mehr dar. 1815 entstand so eine sächsische und eine preußische Oberlausitz, die heute historisch eigentlich unzutreffend als "Niederschlesische Oberlausitz" bezeichnet wird.

Die Oberlausitz wird kaum zu alter Stärke zurückfinden können, da sie als politisch einheitliches Gebilde nicht existiert und wesentliche Teile heute zum polnischen Staat gehören. Administrationen ändern sich zu jeder Zeit. Die Oberlausitz ist ein Land des alten, untergegangenen Deutschland. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß es nach wie vor einen engen landsmannschaftlichen Bezug der dort lebenden Menschen gibt, die sich durch einen besonderen Dialekt oder sogar durch eine eigenständige Sprache (Sorbisch) bzw. durch den noch praktizierten katholischen Glauben auszeichnen. Mithin gehören die Oberlausitzer heute zum Bundesland Sachsen. Ob und inwieweit solche politischen Identitäten auch neue landsmannschaftliche Identitäten stiften können, bleibt zumindest im Falle der Oberlausitzer fraglich.

Zu unterstellen, daß die Region ausgerechnet im Zuge der EU-Osterweiterung aus der jetzt die Entwicklung hemmenden Grenzlandlage herausfinden würde, ist angesichts der Realitäten naiv und vernachlässigt zumindest wirtschaftspolitische Gegebenheiten in der neudeutschen Republik.

Thomas Engelhardt, Ilsede

 

 

Zur Kolumne "Cui Bono?" von Heinrich Lummer, JF 28/02

Warnung vor dem Übel

Heinrich Lummer befürchtet mit Antritt der Schill-Partei zur Bundestagswahl eine Schwächung des Bürgerbündnis. Ob "Show-Man" und Schönredner Schröder oder Papiertiger und Umfaller Stoiber - ist doch Jacke wie Hose.

Wer für Schröder votiert, wählt auch die Grünen, wer Stoiber wählt, die FDP mit. Selbige hat doch freimütig geäußert, mit ihr sei an dem Zuwanderungsgesetz nicht zu rütteln und sich damit als eine Partei der Zuwanderungs-Profiteure bekannt. Und wenn CDU/CSU es nicht schaffen? Sie haben es nicht besser verdient, bekämpfen sie doch von jeher mögliche Koalitionen auf ganz miese Art unter dem Motto: "Rechts von uns darf es keine andere demokratische Partei geben."

Mit beiden möglichen Regierungskoalitionen also geht der Ausverkauf deutscher Interessen so oder so weiter. Vor dem kleineren Übel Stoiber ist daher zu warnen. Heinrich Lummer ist von jeher eine einsame Schwalbe in der CDU, die noch lange keinen Sommer macht.

Karl Wagner, Dettelbach

 

 

Zu: "Weltgeist und Freund der Deutschen" von Charles Brant, JF 28/02

Unzureichende Erwähnungen

Schon der erste Paragraph mit dem Satz "Seltsam nur, daß sie (die Franzosen) verschweigen, wie leidenschaftlich er (Victor Hugo) sich für Deutschland und vor allem für den Rhein interessierte" oder weiter: "Im heutigen Frankreich .... daß er der Autor von 'Les Misérables' und dem 'Glöckner von Notre-Dame' ist, weiß man, weil Hollywood sich dieser Werke angenommen hat", zeigt, daß der Verfasser des Artikels entweder Frankreich nicht kennt, oder er begeht, was er Lionel Jospin vorwirft: die Instrumentalisierung eines vielfältigen Autors.

Die Werke von Victor Hugo, ganz besonders zahlreiche Gedichte, die zum Auswendiglernen sind, und kindgerechte Auflagen von "Les Misérables" werden schon in der Grundschule im offiziellen Programm Jahr für Jahr studiert. Auf Hollywood hat keiner in Frankreich gewartet.

Es ist bei uns unmöglich, die Zeit des Romantizismus ohne mehrere Seiten von Hugos Hernani zu studieren. Genau deshalb gehört Hernani in unsere Schulbücher! Daß andere Werke Hugos weniger bekannt sind, ist selbstverständlich: Welcher Deutsche kennt alle Werke von Goethe? Welcher Deutsche weiß vom Werke Ost-West Diwan? Auch wenn das Osten oder der Rhein für die zwei großen Giganten der europäischen Literatur äußerst wichtig waren, bilden die aus diese Leidenschaft stammenden Werke nicht die ganz großen Werke, die gelesen, gelernt und oft diskutiert werden. Es ist zwar schade, aber wahr.

Der Verfasser staunt, daß wir Franzosen nichts von der Begeisterung Hugos für Deutschland zu wissen scheinen. Allerdings erwähnt er überhaupt nicht, daß Hugo seine Meinung stark geändert hat: nach 1871! Seine revanchistischen Gedichte wurden in allen Salons gelesen. Es reicht also nicht, die Werke von 1842 zu erwähnen, wenn man mit "keinem Wort" die "Passion" die er für Elsaß und Lothringen empfand sowie die Gedichte, wo er die "Verwüstungen beklagt", die "die Deutschen angerichtet haben" außer Acht läßt! Oder der Verfasser des Artikels begeht genau, was Jospin und Hunderte andere auch tun: Er instrumentalisiert Victor Hugo und zeigt nur, was er zeigen will, um seinen Punkt zu machen.

Lorraine und Marie Bowman, Ulm


 
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