© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/02 09. August 2002

 
Weit weg von Europa
von Gustaf Domberg

Soll die Türkei in die Europäische Union aufgenommen werden? Die Frage beschäftigt die Gemüter - nicht nur in der Türkei selber, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA. Die Türken wollen hinein, die Amerikaner bestärken sie darin (aus strategischen Gründen) - und die Europäer sind eher dagegen. Zunächst einmal: die Türkei ist bis auf einen kleinen Zipfel westlich von Istanbul weder historisch, noch geistig, noch ethnisch ein europäisches Land. Sie liegt, wie man aus jedem Schulatlas erfahren kann, geographisch in "Kleinasien". Jeder Fremdenführer in Istanbul macht die Touristen darauf aufmerksam, daß sie beim Überqueren der Bosporus-Brücke die Grenze nach Asien passieren.

Selbst wenn die türkische Regierung formell einige Voraussetzungen zur EU-Aufnahme erfüllt - Abschaffung der Todesstrafe, Fernsehsendungen sowie Privatunterricht auf kurdisch, Kritik am Militär soll nicht mehr bestraft werden - bleibt die Türkei ein (wenn auch oberflächlich säkularisiertes) islamisches Land. Eine EU-Mitgliedschaft würde Millionen von Türken und Kurden nach Westeuropa locken und hier unabsehbare ethnische, religiöse und kulturelle Probleme auslösen. SPD-Altkanzler Helmut Schmidt warnte letztes Jahr in der Zeit: "Geopolitische Abwägung und alle demographischen Prognosen, vor allem aber die Anerkenntnis großer kultureller Verschiedenheiten sollten dazu führen, daß die Staatsmänner Abstand nehmen von ihren unredlichen Erklärungen über eine Beitrittskandidatur der Türkei". Der Beitritt von 13 Ländern wird schwierig genug.


 
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