© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/02 16. August 2002


Frisch gepreßt

Böhmens Hain und Flur. Erneut hat der Pustet-Verlag mit dem neuesten Band über Tschechien seiner Reihe Geschichte Ost- und Südosteuropas ein ausgezeichnetes Werk herausgebracht. Markus Mauritz, seit 2001 stellvertretender Chefredakteur der Bayerischen Staatszeitung, stellt anschaulich die Geschichte Böhmens und Mährens bis zum jüngsten Nato-Beitritt unseres Nachbarn dar, die viele Jahrhunderte durch das Zusammenleben von Deutschen und Tschechen geprägt wurde. Daß es für das im Deutschen gebräuchliche "Böhmen" im Tschechischen nur das Wort "Cesky" gibt, was sowohl für das Land als auch für das Volk steht, weist auf die problematische Koexistenz hin, die stets durch die Ängste der Tschechen begleitet war, nicht nur fremd dominiert, sondern auch kulturell in ein Nischendasein gedrückt zu werden. Dies führte seit dem 19. Jahrhundert dazu, daß als Ziel nicht mehr die Verständigung mit den Deutschen stehen sollte, sondern der eigene politische Weg zur Maxime wurde. Die Benes-Dekrete bedeuten in diesem Kontext nur die letzte Konsequenz dieses autonomen Denkens und verstehen sind nicht als Revanche zur nationalsozialistischen Okkupation, was besonders in Mauritz' detailreicher Schilderung der k.u.k.-Politik deutlich wird (Tschechien. Regensburg 2002, 262 Seiten, 24,90 Euro).

Großfamilie. Mit ihrer Darstellung einer Familie jenseits des Vater-Mutter-Tochter-Sohn-Bildes laden die Autoren Martine und Jürgen Liminski den Leser zu einer sozialen Zeitreise ein. Was noch vor zwei Generationen nicht die Publikation eines Buches wert war, nämlich die Schilderung der Lebenssituation einer zwölfköpfigen Familie, ist in heutigen Zeiten bestaunenswert wie seinerzeit die ganzkörpertätowierte Frau auf dem Jahrmarkt. Martine Liminski, hauptberuflich Hausfrau und Mutter, stellt ihre Aufgabe verschämt als "Führungskraft eines mittelständischen Unternehmens" hin, und karikiert damit die Diskreditierung des "häuslichen" Daseins außerhalb beruflicher "Selbstverwirklichung". Da sie diese Aufgabe im besten Sinne einer konservativen Wertevermittlung vorstellt, können auch Familien mit weniger als zehn Kindern Anregungen einer wertvollen und effizienten Erziehung erhalten - auch ohne dafür, wie die Liminskis, die Wertebasis aus dem katholischen Glauben zu schöpfen (Abenteuer Familie. Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2002, 215 Seiten, 18,90 Euro).


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