© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/02 23. August 2002

 
Thomas Schühly
Sehnsucht nach Sinn
von Werner Olles

Nach der Familientradition sollte der Filmproduzent Thomas Schühly, der derzeit plant, die Memoiren Leni Riefenstahls zu verfilmen, eigentlich Priester werden. Dann begann er aber als Regieassistent des westdeutschen Kino-Wunderkindes Rainer-Werner Fassbinder, um schließlich seine wahre Berufung als Filmproduzent zu entdecken. Die Liste seiner Preise kann sich sehen lassen: "Goldener Bär", "Producer of the year" und vier Oscar-Nominierungen. Schühly produzierte Kassenerfolge, aber auch von der internationalen Kritik anerkannte Filme, wie "Lola" (1981), "Die Sehnsucht der Veronika Voss" (1982), "Abwärts" (1984), "Der Name der Rose" (1986) und "Der Totmacher"(1995).

Bereits seit 1999 geht der 1951 in Karlsruhe geborene, praktizierende Katholik Schühly mit dem Leni-Riefenstahl-Projekt schwanger. Schühly hatte damals die jetzt hundert Jahre alt werdende Fotografin und Regisseurin in ihrem Haus am Starnberger See besucht. Angetan von ihrem "heiteren Enthusiasmus" und weit davon entfernt "uns an moralischen Imperativen messen zu wollen", erkannte er in dieser "großen Magierin der Bilder" eine Seelenverwandte. Schühly interessiert sich für Größe, sieht den deutschen Film momentan aber in der Hand von "Vollidioten und Kleinbürgern, welche Geschichten von Kleinbürgern erzählen, die am Ende kleiner sind als vorher".

Allerdings steht Schühly unter Druck: in Hollywood bereitet Jodie Foster - mit sich selbst in der Titeltrolle - ebenfalls eine Riefenstahl-Verfilmung vor. Auch Schühly will die Hauptrolle mit einer Amerikanerin - Sharon Stone - besetzen.

Ernst Jüngers Kriegstagebuch "In Stahlgewittern", eines der meistgelesenen Bücher der zwanziger Jahre, ist das zweite große Filmprojekt Schühlys, bei dem den politisch korrekten Bedenkenträgern die Haare zu Kopf stehen. Bei Jünger, den er kurz vor seinem Tod in dessen Domizil in Wilflingen besuchte, hat Schühly "etwas entdeckt, das mit mir zu tun hat. Es geht um eine Sehnsucht. Gibt es etwas, das mein Opfer wert ist?" Jüngers Konversion zum Katholizismus im Alter von 101 Jahren, seine antibürgerliche Haltung, der moralische Bannfluch durch das Bildungsbürgertum, dem der Autor - genau wie Riefenstahl - nach 1945 zum Opfer fiel: Schühly sucht Antworten auf die Frage, wie sehr am Ende jeder menschliche Bewegungsablauf, ob in Gesellschaft, Politik, Kunst oder Kultur nichts anderes ist als Religion.

Auch in Filmen wie "Casablanca", "Der Pate" oder "Taxi Driver" gehe es um "Ehre, Verzicht und Opfer" und dies mache auch ihre Größe aus. Das heutige Leben sei jedoch ein einziger "Ausdruck der Diesseitigkeit", aus der der tiefe irreligiöse Irrglaube der Aufgeklärten spreche. Der Katholik Schühly will dagegen in seinen Filmen der Transzendenz und der Sehnsucht nach einem höheren Sinn Ausdruck geben.


 
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