© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/02 30. August 2002

 
BLICK NACH OSTEN
Kampflos das Feld geräumt
Carl Gustaf Ströhm

Wie kommt es, daß in vom Kommunismus befreiten Ländern innerhalb weniger Jahre die inzwischen "gewendeten" Kommunisten wieder - oder immer noch - an den Schalthebeln wirtschaftlicher und politischer Macht sitzen? Oft zeigen diese Ex-Kommunisten dabei auch nicht die geringsten Zeichen von Reue.

Kroatien ist ein Beispiel dafür. Dazu hat ein bekannter kroatischer Publizist in seinem in Split erschienenen Buch "Das Kroatien des 3. Januar" eine interessante These aufgestellt. Josko Celan behauptet, am 3. Januar 2000 hätten bei den Wahlen die national-konservativen Kräfte, also die Kroatische Demokratische Union (HDZ) des Staatsgründers Franjo Tudjman nicht deshalb eine Niederlage erlitten, weil deren Politik schlecht war. Vielmehr hätten ausländische Kräfte - Celan spricht von den "Herrschern dieser Welt" - mit Hilfe der "rezyklierten" Kommunisten eine beispiellose Kampagne gegen den inzwischen verstorbenen Tudjman und die HDZ gestartet - weil sich die HDZ-Politik nicht in das (westliche) Konzept einer "grenzenlosen Welt" (also in die Globalisierung) einfügen wollte.

Verloren habe die HDZ auch deshalb, weil sie in der Medien- und Kulturpolitik versagte. Die Tudjman-Leute hätten, so Celan, bei ihrem Machtantritt 1990 in den Medien eine äußerst ungünstige Situation vorgefunden. In Kroatien seien alle Journalisten 50 Jahre lang kommunistisch und dazu noch im Sinne eines spezifisch jugoslawischen "Multikulturalismus" erzogen worden - gemäß der Tito-Parole "Brüderlichkeit und Einheit". Die kroatische nationale Idee und der Katholizismus seien für diese Leute ein rotes Tuch.

Die HDZ habe die Aufgabe einer allgemeinen "Entkommunisierung" und "Enttotalisierung" nur halbherzig und schlecht erfüllt. Hingegen habe der "hyperaktive Dollarmilliardär" George Soros den verblüfften Kroaten erklärt, "daß der religiöse Glaube und die Nation die größte Bedrohung darstellen" und daß die ehemaligen Kommunisten "die besten Demokraten" seien.

Die Medienpolitik sei defensiv gewesen, die HDZ beschäftigte sich nicht mit ihren politischen Gegnern, während diese "wie Wespen und Hornissen" unablässig von innen und außen das "Tudjman-Regime" attackierten. Die kryptokommunistischen Gegner bedienten sich dabei wirksamer Parolen: Sie propagierten einen "unabhängigen" (in Wirklichkeit: linken) Journalismus, der "professionell" zu sein habe. Sie forderten ein "öffentliches" Fernsehen - womit impliziert wurde, die HDZ habe das Fernsehen zu ihrem Privateigentum gemacht - was nicht stimmte. Die Leser wurden mit Parolen wie "Die Manager und Unternehmer plündern euch aus" oder "die Herzegowiner blamieren euch gegenüber Europa" überschüttet.

Die Tudjman-Partei betrieb eine unglückliche Personalpolitik. Zu Chefredakteuren der wenigen "staatsfreundlichen" Medien wurden sanfte Lyriker, provinzielle Außenseiter oder Karrieristen ohne jede Überzeugung ernannt - ja sogar offene politische Gegner, die man durch Luxus-Dienstwagen und einträgliche Korrespondentenposten in New York zu beschwichtigen suchte. Mit der Erstellung eines kulturpolitischen Konzepts beauftragte der HDZ-Kultusminister einen linken Marxisten. Von der Fakultät, welche die künftigen Journalisten ausbildet, kamen "zornige junge Leute, glühend in dem Wunsch, den Kampf gegen den antieuropäischen Konservatismus der HDZ aufzunehmen". Ihnen öffneten sich sofort alle Türen. Es sei schmachvoll, meint Celan, daß die Nichtlinken praktisch kampflos das Feld räumten.


 
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