© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/02 30. August 2002

 
Frisch gepreßt

Politische Denker. Mit den reflexhaft-aversiven Reaktionen auf den intellektuellen Konservatismus scheint es wenigstens im akademischen Feld vorbei zu sein. In seinem Essay, der das Kapitel über die Theoretiker des Konservatismus im 19. Jahrhundert einleitet, formuliert Gerhard Göhler, Politikwissenschaftler am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin, abwägend: Die Beschäftigung mit dem politischen Konservatismus müsse neu einsetzen, als "einfaches Feindbild" tauge er jedenfalls nicht mehr. Eine Handreichung hierfür liefern die Aufsätze über Burke, de Maistre, Gentz, Adam Müller, Görres u. a., die als Vertiefung und Ergänzung der einschlägigen Artikel in Caspar von Schrenck-Notzings "Handbuch des Konservatismus" gelesen werden sollten. Die dort berücksichtigten Denker Franz von Baader, Lorenz von Stein und Hermann Wagener finden sich hier im Block "Sozialisten und andere Antworten auf die soziale Frage", was einmal mehr die These von der Berührung der Extreme bestätigt (Bernd Heidenreich, Hrsg., Politische Theorien des 19. Jahrhunderts. Konservatismus, Liberalismus, Sozialismus. Zweite, völlig neubearbeitete Auflage, Akademie Verlag, Berlin 2002, 664 Seiten, Abbildungen, 39,80 Euro).

Achtundsechziger. Die Erlebnisgeneration der oft zitierten 68er bereitet sich demnächst auf den Renteneinstieg vor. Da eignen sich Reflexionen ihrer "wilden Jahre" nur allzu gut, um aus der Perspektive ihrer bürgerlichen Wohlanständigkeit, bestenfalls in Umbrien oder auf den Kanaren, den Aufstand gegen die "Tätergeneration" ihrer Altvorderen zu verklären. Dabei wird in Deutschland immer die "Frontstadt" (West-) Berlin als Bühne einer Bewegung genannt werden, die nur durch einen verhältnismäßig kleinen Kern studentischer Protagonisten repräsentiert wurde. Der Autor Christopher Görlich läßt in der Serie des Kai Homilius Verlages "Reiseziele einer Region" die Schauplätze und Ereignisse dieser Zeit Revue passieren und beschreibt in kurzweiliger Art die Orte zwischen Springer-Hochhaus an der Kochstraße und der Dahlemer Freien Universität sowie die Personen von Fritz Teufel bis zu Rudi Dutschke. Dabei haftet seiner Schilderung, insbesondere jener der Randerscheinungen wie den "Kommunarden", eine etwas naive Faszination für die damalige Zeit an (Die 68er in Berlin. Schauplätze und Ereignisse. Berlin 2002, 368 Seiten, viele Abbildungen, 18 Euro).


 
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