© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/02 06. September 2002

 
Voraussehbar
Kino: Für ihre Hauptrolle in "Monster's Ball " erhielt Halle Berry als erste schwarze Schauspielerin den Oscar
Ellen Kositza

Bereits Hank Grotowskis Vater, ein grantelnder Rassist, arbeitete als Beamter in der Strafvollstreckung im Staatsgefängnis von Georgia, und sowohl er selbst wie auch Sohn Sonny sind beruflich in seine Fußstapfen getreten. Doch während Hank ein stahlharter Mann ohne emotionale Regungen zu sein scheint, ist der junge Sonny sensibel und eigentlich nicht für eine Aufgabe geeignet, deren Haupttätigkeiten im Umfeld der Todesstrafen-Vollstreckung angesiedelt sind.

Die Hinrichtung des Schwarzen Musgrove (gespielt von dem populären Ami-Rapper Sean Combs) ist gewissermaßen die Premiere von Sonny, und weil Musgrove - über dessen Verbrechen man nichts erfährt - auch noch ebenfalls ein netter und durchaus sensibler Mann ist, leidet Sonny sehr in den letzten Lebenstagen des Verurteilten. Dies bereits stört seinen Vater, der berichtet, in England habe man Henkern am Abend vor der Hinrichtung mit einem "Monster's Ball" immer eine großartige Party ausgerichtet. Sonny aber bricht kurz vor dem ultimativen Moment zusammen, und als dadurch der Vater-Sohn-Konflikt eskaliert, nimmt sich der Junge das Leben. Hank, obgleich äußerlich nicht in der Lage zu trauern, quittiert seinen Dienst.

Kurz darauf ist er Ersthelfer bei einem Verkehrsunfall: Der fettsüchtige Sohn der alleinerziehenden Leticia (Halle Berry) ist angefahren worden und stirbt anschließend im Krankenhaus. Die beiden Trauernden klammern sich in den folgenden Wochen aneinander, suchen Halt - dabei ahnt Hank nicht, daß Leticia die Frau des von ihm exekutierten Musgrove ist, und auch die verwaiste Witwe kennt nicht Hanks berufliches Vorleben... Und dennoch führt die Begegnung der beiden zu eben dem - bezeichnend - dämlichen Untertitel, der der deutschen Filmversion beigegeben ist: "Zwei Welten - Eine Liebe". Schwarz und Weiß, Todesstrafe und heißer Sex: das verspricht nach wie vor höchstmöglichen kommerziellen Erfolg.

Daß Halle Berry und Billy Bob Thornton, der gerade wegen seiner "Sexsucht" und der damit einhergehenden Trennung von Angelina Jolie in die Schlagzeilen der Boulevardpresse geraten ist - hier eine solide Schauspielleistung abliefern, ist keine wahre Kunst bei diesem flachen "Drama" voller Voraussehbarkeiten. Warum Berry, die allenthalben euphorisch als Wegbereiterin der Schwarzen in die oberste Hollywood-Liga gefeiert wird, mit dieser Rolle unter anderem sowohl einen Oscar als auch den Silbernen Bären auf der Berlinale abräumte, muß im Dunkeln bleiben.

Insgesamt also: spannungslose und politisch höchst korrekte Ami-Kost, die vermutlich die Besucherzahlen noch durch das Wissen der Zuschauer steigert, daß die Sexszenen in der Originalfassung - der in Europa gezeigten also - dermaßen freizügig waren, daß US-Behörden zensierend einschritten.


 
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