© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/02 13. September 2002

 
LOCKERUNGSÜBUNGEN
Angriffskrieg
Karl Heinzen

Die PDS ist die letzte im Bundestag vertretene Partei, die am Grundgesetz festhält und einen Angriffskrieg gegen den Irak aus prinzipiellen Erwägungen ablehnt. Alle anderen sind sich ihrer staatspolitischen Verantwortung bewußt und versuchen zu verhindern, daß das, was per se unausweichlich ist, vorab auch noch das Ergebnis der Bundestagswahl verzerrt. An guten Eingebungen, warum sie, geknüpft an bestimmte Bedingungen, plötzlich gegen eine militärische Beteiligung der Bundeswehr im unterdessen ja doch üblichen Rahmen sind, ist kein Mangel. Ist die Existenz eines nicht von den USA kontrollierten Regimes wirklich ein ausreichender Grund, um gegen dieses vorzugehen? Ist es mit den Prinzipien der westlichen Zivilisation vereinbar, ohne Mandat der Völkergemeinschaft zuzuschlagen? Dürfen wir das Anspringen der Konjunktur und die Erholung der Finanzmärkte durch einen neuen Golfkrieg wirklich gefährden? Erst nach dem 22. September werden Politiker wieder den Mut finden, diese Fragen öffentlich zu bejahen.

Die Angst, daß die PDS aus ihrem pazifistischen Rigorismus Kapital schlagen könnte, ist aber eigentlich unbegründet. Die meisten Menschen haben nichts dagegen, daß von deutschem Boden wieder ein bißchen Krieg ausgeht. Er soll nur nicht, wie so oft in der Vergangenheit, auf diesem enden. Wer aus dem 11. September die richtigen Schlüsse zu ziehen verstand, weiß nun, daß es zukunftsweisender ist, verdächtige Regionen in der Welt prophylaktisch zu zerbomben, als sich noch einmal auf irgendwelche Risiken einzulassen. Mit ihrem Retro-Wahlkampf, dessen dumpfhumanistische Parolen aus dem Parteiarchiv der Grünen stammen könnten, erreicht die PDS die Herzen der Massen nicht. Allein auf die grünen Modernisierungsverlierer, die den Wandel der Fischerbewegung zu einer Mittelstandspartei neuen Typs nicht mit vollziehen konnten, läßt sich aber keine Zukunft gründen.

Eine solche will die PDS jedoch, und sie will sie um jeden Preis. Sie weiß, daß sie langfristig an einem neuen Image arbeiten muß, da ihr diejenigen, die ihrem alten anhangen, peu à peu wegsterben werden. Die PDS wird nicht bei ihrem Bekenntnis zur Marktwirtschaft und zur bürgerlichen Demokratie stehenbleiben. Da sie stets aufs Neue das von den Grünen aufgegebene Terrain zu besetzen versucht, folgt sie diesen auf ihrem Weg. Irgendwann wird sie entdecken, daß der Sozialismus der Vergangenheit angehört und daß Krieg eine vernünftige Sache sein kann, sofern er nur mit guten Absichten und im Konsens der freien Welt geführt wird.

Der Wandel der PDS zu einer wirklich staatstragenden Partei ist im Gange. Von ihrer Absicht, die rot-grüne Regierung in der kommenden Legislaturperiode zu unterstützen, auch wenn diese den deutschen Militarismus wiederbelebt haben sollte, kann sie kein pazifistisches Ressentiment mehr abhalten. Das Signal sollte eigentlich unmißverständlich sein: Wer PDS wählt, wählt Schröder - und nicht den Frieden.


 
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