© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/02 13. September 2002

 
WIRTSCHAFT
Der Euro auf dem Inflationssockel
Bernd-Thomas Ramb

In Zeiten von Wirtschaftsflaute und Steuerdiskussionen gerät das Thema Inflation unmerklich, aber stetig an den Rand der Vergessenheit. Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Otmar Issing, hat anläßlich einer deutsch-amerikanischen Währungskonferenz und wohl veranlaßt durch die stärker werdende Diskussion um eine Senkung des Leitzinses der EZB darauf hingewiesen, daß die Inflationsrate im Euroland nach wie vor deutlich über der Schmerzgrenze von zwei Prozent liegt. Der Druck der europäischen Finanzminister auf die EZB, den Zinssatz von 3,5 Prozent angesichts der schlechten konjunkturellen Lage merklich herabzusetzen, wird untermauert durch Spekulationen, die westlichen Volkswirtschaften könnten in eine Deflationsphase rutschen.

Sinkende Preise - so sie denn tatsächlich auftreten, denn momentan beherrscht das Thema Teuro die Verbrauchergemüter - sind sicher für Konsumenten etwas Erfreuliches. Für die Unternehmen kann das jedoch den Schritt in die Verlustzone bedeuten. Deflation ist daher volkswirtschaftlich durchaus problematisch, wenn der Preisrückgang nicht durch Kostensenkungen bei der Produktion fundiert ist. Noch bestimmen allerdings die Preissteigerungen unser Handelsgeschehen. Obwohl ein Konjunkturtief eigentlich zu sinkenden Preisen neigt. Wenn nun wirklich die Konjunkturlokomotive wieder anspringt, startet die Eurowirtschaft bei einem Inflationssockel von über zwei Prozent - mit dann steigenden Tendenzen. Schon zwei Prozent Inflation sind zu viel, verzehren sie doch die Verzinsung langfristig angelegter Vermögensrücklagen, wie beispielsweise die Riesterrente. Die EZB ist nur zu loben, wenn sie hartnäckig an ihrer Aufgabe der Inflationsbekämpfung festhält.


 
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