© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/02 11. Oktober 2002

 
Kolumne
"Einbürgerung"
Klaus Hornung

Im Getöse des Wahlkampfes ist das Thema Einbürgerung und Staatsbürgerrecht für Ausländer von Koalition und Opposition geradezu mit Glacehandschuhen angefaßt worden. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, eine offensichtlich von glühendem deutschen Selbsthaß erfüllte Grüne, hat bei der Vorlage des fünften Berichts "Zur Lage der Ausländer in Deutschland" immerhin mit Stolz berichtet, daß seit der Reform des Staatsbürgerrechts durch Rotgrün vor zweieinhalb Jahren insgesamt rund 480.000 Ausländer in der Bundesrepublik eingebürgert wurden. In der gleichen Zeit hätten rund 100.000 Einwandererkinder automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt. Am 22. September besaßen über 900.000 Neustaatsbürger, nicht zuletzt türkischer Herkunft, das Wahlrecht, eine Zahl, die etwa 1,5 Prozent aller Wahlberechtigten entspricht. Frau Beck versteht das neue Staatsbürgerrecht euphorisch als "Abschied vom völkischen Denken" und modernes republikanisches Recht, welches das antiquierte Abstammungsrecht (manche sprechen polemisch auch vom "Blutsrecht") durch das "moderne" Jus soli ersetzt, wonach die Geburt auf dem Boden eines Landes schon die Neugeborenen automatisch zur betreffenden Staatsbürgerschaft berechtigt. Begriffe wie "Reformprojekt" und "Modernisierung" Deutschlands sollen für die politisch Naiven unter der deutschen "Altbevölkerung" eine abgefeimte Strategie kaschieren. Frei nach Bert Brecht nach der Niederschlagung des Volksaufstands am 17. Juni 1953 soll auch hier das überkommene deutsche Volk als Souverän abgeschafft und durch ein neues synthetisches multikulturelles "Volk" ersetzt werden. Umfragen vor der letzten Wahl ergaben eine Mehrheit von 70 - 80 Prozent der Neustaatsbürger für Rotgrün. Ziel der Einbürgerungspolitik seit dem Jahr 2000 ist unzweifelhaft die Schaffung immer günstigerer Mehrheitsverhältnisse für Rotgrün und deren langfristige Zementierung. Alles Reden von Reform und Modernität dient der Verschleierung dieses Grand Design.

Nach dem Wahlkampf und im Blick auf das Ergebnis des 22. September muß man leider zweifeln, ob die Mehrheit unserer Bevölkerung und auch große Teile der alten und neuen Opposition dieses gerissene Spiel der erneut bestätigten Koalition ausreichend durchschauen. Es handelt sich hier wahrlich um alles andere als lediglich "1 b-Themen", wie CDU-Generalsekretär Mayer im Wahlkampf meinte. Wer hier mit der nötigen Klarheit gegenzusteuern versucht, gegen den wendet Rotgrün natürlich die Fremdenfeindlichkeitskeule an.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung ist Politikwissenschaftler und Präsident des Studienzentrums Weikersheim.


 
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