© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/02 18. Oktober 2002


Leserbriefe

Zu: "Dann sind wir weg vom Fenster", Interview mit Martin Hohmann, JF 42/02

Abkehr von deutschen Interessen

Es ist kaum zu fassen, aber auch Herr Hohmann weiß bis heute nicht, was wir Deutschen von einer konservativen Partei erwarten und warum die CDU die Wahl nicht gewonnen hat. Es waren weder die Flutkatastrophe noch der sogenannte "Antiamerikanismus". Die Regierungspartei sprach in der Irak-Debatte vom "deutschen Weg". Da ist doch nichts Schlimmes dran. Blair geht doch auch einen britischen Weg, Chirac einen französischen und keiner einen "europäischen". In diesen Ländern postuliert das niemand als antiamerikanisch. Ausgerechnet Herrrn Stoiber und der CDU blieb es vorbehalten, sich vehement zu ereifern, daß es keinen deutschen Weg mehr gibt. Diese Offenbarung der Abkehr von deutschen Interessen und die Feigheit waren es, weshalb damit die CDU für mich weg vom Fenster war!

Michael Sieber, Limbach-Oberfrohna

 

 

Zu: "Vor dem Untergang" von Dieter Stein, JF 41/02

Das unbekannte Wesen

Nach der Wahl gab es viel Kritik an den angetretenen Kandidaten , was an ihnen nicht so toll war und sie daher Stimmen gekostet hat. Wäre es nicht auch einmal angebracht, den Wähler, das unbekannte Wesen, zu beurteilen? Es scheint ihm zu gefallen, sich die Kandidaten in Talkshows vorführen zu lassen, die Aussagen, die ihren Interessen entsprechen, zu beklatschen, was ihrem Geldbeutel guttut, zu wählen (oder auch nicht zu wählen), nach der Wahl weiterzumeckern und jede Verantwortung zu leugnen.

Wahlversprechungen, an die sie selbst nicht mehr glauben, werden in der Euphorie des Wahlkampfklimas zu Entscheidungshilfen. So "ziehen" sie sich ihre etablierten Volksvertreter selbst heran, die sie dann dauernd beschimpfen dürfen, nur nicht abwählen.

Günter Gutekunst, Nufringen

 

Hoffnung auf baldiges Ende

Ein glänzender Wahlsieger Stoiber und ein aufgrund schäbiger Stimmungsmache weiterregierender Schröder. Mit Schuld daran, daß es nicht zur notwendigen politischen Wende kommt, trägt auch die FDP, die mit ihrem Spaßkandidaten Westerwelle und seinem "ich kann mit jedem-Motto" dem Wähler, der klare Aussagen vor der Wahl wünscht, den Wechselwillen nicht glaubhaft machen konnte. Nun muß allerdings ganz Deutschland darunter leiden, daß das rot-grüne Chaos weitergeht. Zu hoffen bleibt, daß wegen der nun folgenden katastrophalen Wirtschaftslage ein baldiges Ende dieser Regierung eingeleitet wird.

Herbert Gaiser, München

 

Vom Liebling zum Depp

Edmund Stoiber hätte sich, ehe er sich von Herrn Spreng weichspülen und glattschleifen ließ, um möglichst allen zu gefallen, eines Ausspruchs seines Vorvorgängers Franz Josef Strauß erinnern sollen: "Wer versucht, everybodys Liebling zu sein, wird bald everybodys Depp sein".

Gert Ziegler, München

 

Schönes Märchen

Es trifft zu: Die CDU errang eines der katastrophalsten Wahlergebnisse der Nachkriegsgeschichte. Es tröstet kaum, daß auch der Wahlsieg des Kanzlers wenig überzeugend ist. Er verdankt seine hauchdünne Mehrheit unter anderem türkischen Wahlberechtigten (siehe neues Staatsbürgergesetz) und überwiegend Wechselstimmungen, die er genutzt (Flutkatastrophe) und erzeugt hat (Kriegsangst/strikte Weigerung eines gar nicht aktuellen Truppeneinsatzes im Irak). Daß Schröder mit seinem Affront gegenüber den USA "einen Beitrag zur Normalisierung eines deutschen nationalen Selbstbewußtseins" geleistet haben soll, dürfte ein schönes Märchen sein.

Ernst Hildebert Kratzsch, Rosengarten

 

Musikdampfer Stoiber

Wer meint, und das war der fatale Fehler der Union, von SPD bis zu den Grünen alle Wähler ansprechen und ihnen nach dem Munde reden zu müssen, der kann nicht siegen, der darf nicht siegen, und der hat auch kein Recht auf Sieg. Die Union hat im letzten Dreivierteljahr wesentliche konservative Standpunkte aufgegeben und ihr eigenes Profil ohne Not an die Linke angepaßt. Dort gibt es aber bereits die besseren Linken, die durch Schröder und Konsorten unter Mithilfe von Müntefering auch viel besser verkauft werden. Die Union hat ohne Zwang die konservativen Wähler, die sich zunehmend heimatlos fühlen müssen, vergrault, im Stich gelassen und für den vermeintlichen Wahlsieg verkauft. Kräftig verkalkuliert haben sich da genau diejenigen, die Angela Merkel als Retterin der Union sehen wollen. Will sich die Union unter Merkel weiter "liberalisieren", wird die Parteichefin geradewegs zur Totengräberin der einst bürgerlichen Kraft befördert werden können. Es sind die konservativen Wähler, die der Union zum Sieg verhelfen müssen und können, und die Union wäre sicher bestens beraten, wenn sie sich schleunigst besinnt und den erniedrigenden und zudem sinnlosen, ja widerlichen Debatten über schwarz-grüne Koalitionen eine werbewirksame Absage erteilt.

Im Bundestagswahlkampf wurde Edmund Stoiber vom Schlachtschiff in einen Musikdampfer verwandelt. Unter Angela Merkel und ihren engen Vertrauten, die die "neue CDU-Linie" der Parteichefin unterstützen, wird einzig die Frage übrigbleiben, wann der Dampfer von der SPD-Flotte versenkt wird. Nur eine kantige, messerscharfe Oppositionspolitik wird den Niedergang der Union aufhalten. Und diese Politik wird es unter Frau Merkel nicht geben. Wenn sie bleibt, allen konservativen Strömungen zum Trotz, wird sie mitsamt der CDU untergehen. Vielleicht wittert die CSU dann Morgenluft und setzt ihren jahrzehntelangen Erfolgskurs in der Union insgesamt um. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Daniel Jung, Berlin

 

Heiße Versprechen

Der Artikel Dieter Steins ist gehaltvoller und zutreffender als vieles, was politische Schwätzer zu diesem Thema gesagt und geschrieben haben. Stein irrt jedoch, wenn er Schröder einen Beitrag zur Normalisierung eines deutschen nationalen Selbstbewußtseins unterstellt.

Genau eine Woche nach der Wahl meldete der Sender N24, daß Schröder vor Beginn der heißen Wahlkampfphase dem amerikanischen Präsidenten versprochen habe, Deutschland werde beim Vorgehen gegen den Irak an der Seite der USA marschieren, wenn die Zeit reif sei. Das kann nach der Lage der Dinge ja nur heißen: Wenn die Wahl vorbei ist. Schröder hat nichts für das nationale Selbstbewußtsein getan. Er hat nur (wieder einmal) seinen Charakter offenbart.

Edelbert Breu, Lauterhofen

 

Auf's Geld kommt's an

Jetzt nach der Wahl gibt es natürlich viele kluge Kommentare, warum, weshalb. Ja, um Gottes Willen, warum hat Stoiber den "Schwarzen Peter Irak" nicht gleich zurückgegeben und vermerkt, "wo hat Ihre Regierung, Herr Schröder, nicht schon deutsche Soldaten hingeschickt, zu Wasser, zu Land und in der Luft - in sehr gefährliche Einsätze". Da wäre Irak schon abgehakt gewesen, und dann noch eins drauf, "was tun deutsche Spürpanzer eigentlich in Kuwait?"

Ich sehe den alten und neuen Kanzler Schröder in kurzer Zeit, jetzt nach der gewonnenen Wahl, im strammen Gleichschritt mit Bush dahermarschieren. Auf deutsche Soldaten legt Bush gar keinen großen Wert, aber auf das deutsche Geld - und da wird der Kanzler sehr großzügig sein. 

Wolf-Bernhard Siegel, Ostelsheim-Calw

 

 

Zu: "Jürgen würgen" von Peter Freitag, JF 41/02

Komisches Schauspiel

Es ist schon ein komisches Schauspiel. Da soll Jürgen Möllemann, der in seinem Wahlkreis für die FDP 20 Prozent geholt hat, entmachtet werden, und zwar nur deshalb, weil er das äußert, was viele denken, die Michel Friedmans Auftreten oftmals als arrogant und unangemessen empfinden. Deshalb muß es auch erlaubt sein, solche Kritik zum Ausdruck zu bringen . Es war doch nicht Jürgen Möllemann, der die FDP den Wahlsieg gekostet hat, sondern Guido Westerwelles und Rainer Brüderles Herumgeeiere, die beide keine klare Koalitionsaussage zugunsten der CDU machten. Die FDP als bloße Juppie- und Spaßpartei erreicht wenige. Als tragisch muß man ansehen, daß die FDP unfähig scheint, an ihre alte nationalliberale Tradition anzuknüpfen, mit deren Vertretern, wie zum Beispiel Thomas Dehler und Erich Mende, sie Wahlergebnisse bei Landtagswahlen und Bundestagswahlen erzielte, von denen sie heute nur zu träumen wagt.

Peter Schuster, per E-Post

 

 

Zu: "Abschied von der Sprache" von Günter Zehm, JF 41/02

Mehr Verantwortung

Im Grunde ist die Situation vergleichbar mit derjenigen zur Zeit der Christianisierung vor 1200 Jahren. So wie damals eine neue geistige Macht mit Verfügungsgewalt über ein neues Medium (Schreibkultur versus mündliche Tradierung!) dafür sorgte, daß das alte Gedankengut unterdrückt oder, wo dieses nicht möglich war, absorbiert und umgedeutet wurde (Karl der Große ließ immerhin noch das germanische Liedgut aufzeichnen, Ludwig der Fromme meinte dies vernichten zu müssen), so stehen wir heute im Übergang von der Buchkultur zur Digitalisierung vor einem vergleichbaren Problem. Wieder besteht die Möglichkeit des "Großreinemachens", indem das, was ins "Netz" übernommen wird, vorher auf Relevanz geprüft wird (von wem?!). Eine Nivellierung großen Ausmaßes ist im Gange. Jedes alberne Bildchen, das mir Microsoft zum Aufpeppen meiner Briefe anbietet, beweist es aufs Neue.

Was ist also Aufgabe der Bibliotheken? Nicht die Digitalisierung - dafür sollten neue, technische Institutionen geschaffen werden, die reine Drehkreuzfunktion bei der Informationsverteilung übernehmen. Die Bibliotheken sollten vorrangig in ihrer glücklicherweise in hohem Maße vorhandenen Verantwortung bestärkt und das heißt, entsprechend finanziell ausgestattet werden, das in Jahrhunderten gewachsene Wissen zu bewahren, damit jederzeit ein authentischer Rückgriff auf vergangenes Denken möglich bleibt. Denn anders als beim digitalen Wissen, lassen sich ganze Bibliotheken nicht mehr umschreiben. Geistige Lenkung und Zensur ist bei gedruckten Büchern viel schwieriger und wird auch viel eher ruchbar als im unsichtbaren Netz. Nur: wo sind die Politiker, die in solchen Dimensionen denken können?

Günter Gottschlich, Tübingen

 

 

Zu: "Rot-grüne Windräder" von Alexander Barti, JF 40/02

Zu teuer

14.000 Windräder in Deutschland sind 14.000 zu viel! Sie sind ein vornehmlich von den "Grünen" propagiertes, hochsubventioniertes, ideologisch schwachsinniges Windei.

Die für die Herstellung und Beseitigung von Windrädern benötigte Primärenergie übertrifft bei einer 20jährigen Betriebslaufzeit bei weitem die von ihnen erzeugte Energie (haben eine negative Energiebilanz). 14.000 Windräder ersetzen nicht ein einziges konventionelles, nukleares Kraftwerk aufgrund windstiller Wetterlagen. Das heißt, die durchschnittlich 85 Prozent Stillstandzeiten erfordern konventionelle Energievorhaltung. Riesige Geldvernichtung! Drei Milliarden Euro pro Jahr müssen Deutsche für höhere Strompreise zahlen. Strom aus Windkraft ist dreimal teurer als Atomstrom.

Dr. Klaus-Jürgen Goldmann, Ennepetal

 

Hohe Subventionen

Wie oft, wird das Wesentliche bei der Schilderung über Windräder vergessen. Zum einen werden der Bau und die Aufstellung der Windräder hoch subventioniert. Zum anderen wird für den erzeugten Strom den Besitzern ein rund vierfacher Abnahmepreis gegenüber den Erzeugerkosten eines Kernkraftwerkes gezahlt. Diese Mehrkosten werden dann von den Energieversorgungsunternehmen auf alle Verbraucher umgelegt. Dies ist ein ausschlaggebender Faktor für den zur Zeit wieder ansteigenden Preis. Durch diese Vorreiterrolle schaffen wir es auch erneut, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu schädigen.

Horst Schmidt, Waghäusel

 

Empörende Vorschläge

Gegen die Gleichsetzung von Strommasten mit Windrad-Ungetümen ist die berüchtigte Äpfel-Birnen-Vermengung eine läßliche Sünde. In unserer herrlichen Voralpenlandschaft bedeutet die nicht enden wollende Rotation von Riesenrotoren die Zerstörung des Horizontes und des Landschaftsbildes schlechthin.

Noch nie davon gehört, daß Fremdenverkehrsgegenden von Staats wegen Ausschlußgebiete für Windkraftanlagen sind? Warum wohl gibt es diese Bestimmung? Weil die Schönheit und Attraktivität einer Erholungslandschaft sonst dezimiert würden! Wo auch immer diese Dinosaurier der Zukunft stehen, wird die Labsal spendende Natur einer Landschaft zum Industriepark degradiert.

Der Preis von Häusern und Grundstücken sackt automatisch ab, wo so etwas geschieht.

Schade um die Abermilliarden öffentlichen Geldes, die bislang in diese Fehlinvestitionen gesteckt wurden. Sie sind bereits heute höher als alle Aufwendungen für den Bau unserer Atomkraftwerke. Wie effektiv hätte man damit die Arbeitslosigkeit in Deutschland bekämpfen können!

Die von Ihnen veranschlagte Stromleistung der 14.000 deutschen Windräder soll vier Atomkraftwerke ersetzen? Nanu, warum schaltet man sie denn nicht heute noch ab? Warum? Weil sie nur auf dem Papier steht, diese Windstrom-Kapazität! Nicht zuletzt deshalb, weil es Windflauten gibt, bei denen doch wieder Kohle und Kernkraftwerke einspringen müssen! Der Beitrag hat mich nicht wenig empört! 

Wolfgang Beitinger, Mauerstetten

 

Falsche Zuordnung

Die folgende Aussage "aber schon heute ersetzen sie mit über 14 Terawattstunden (TWh) vier Atomkraftwerke" ist falsch. Erstens ist TWh eine Energiegröße und falsch zugeordnet, und zweitens ist sie wegen der prinzipiellen Unvergleichbarkeit der Nennleistungen falsch, der wirtschaftlichen Leistungs-Bezugsgröße, aus konventionellen Kraftwerksanlagen und Kernkraftwerken und darbietenden Anlagen wie zum Beispiel Wind- und Sonnenkraftwerken in energiewirtschaftlicher Hinsicht.

Damit fehlt selbstverständlich auch der zu einem tauglichen Zahlenvergleich beider Anlagetypen ansonsten unbedingt erforderlichen Angabe der zugrunde gelegten KKW-Nennleistungsgrößen die Grundlage: Die Zahl "vier" ist somit eine reine Hausnummer.

Ich gehe davon aus, daß es sich beim Verfasser nicht um einen "Überzeugungstäter" mit zwanghafter Wiederholungsneigung, sondern eher um einen der allzuvielen der naturwissenschaftlichen Zusammenhänge Unkundigen handelt. Im anderen Falle würden sich sonst die redaktionellen Bemühungen, durch den durchaus beachtlichen Nachbarbeitrag ein gesamtredaktionelles Gegengewicht zu den rot-grünen Windrädern gesetzt zu haben, allzu leicht relativieren.

Rolf Sünderhauf, Rösrath

 

 

Zu: "Ich habe eine Neigung zu radikalen Ideen", JF 39/02

Unzutreffend

In seinem Gespräch mit Ernst von Salomon bezeichnet Wolfgang Venohr die deutschen Freikorpskämpfer im Baltikum als "Landsknechte und Söldner". Diese negative Bezeichnung ist jedoch unzutreffend, da Landsknechte und Söldner von einem beliebigen Kriegsherrn gemietete Krieger sind, wie dies bei den Freiwilligen der Französischen Fremdenlegion der Fall ist.

Die Freikorps im Baltikum verkauften sich nie an fremde Mächte, sondern kämpften im Auftrag der Reichsregierung, die sie besoldete und die Abwehr der bolschewistischen Armee sowie den Schutz Ostpreußens beabsichtigte. Somit ist auch Markus Kleins Behauptung in "Der tote Preuße" unzutreffend, daß sie "ohne Idee und Ziel" kämpften.

Friedrich Karl Pohl, Lüneburg


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