© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/02 25. Oktober 2002

 
PRO&CONTRA
Werbeverbot bei ARD und ZDF durchsetzen?
Norbert Schneider / Johann C. Lindenberg

Die erneute Diskussion kommt deshalb wieder in Gang, weil die Gebühren kontinuierlich fließen und die Werbeeinnahmen für den privaten Teil des Systems abnehmen. Ich selbst bin durchaus der Meinung, daß man die Werbung eigentlich aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich herausnehmen sollte. Dies wäre systembezogen eine gut begründbare Lösung, würde aber bedeuten, daß man ausfallende Einnahmen kompensieren müßte. Dies ist der Politik zufolge seit vielen Jahren nicht möglich. Eine Gebührenerhöhung wäre unumgänglich. Deshalb ist die erneute Debatte auch von einer gewissen Hilflosigkeit gekennzeichnet. Man spricht über etwas, was nicht kommen wird; dafür aber um so heftiger. Das empfinde ich bei neuerlichem Hinhören als ein schönes Déjà-vu.

Für die, die werben möchten, ist es natürlich interessant, möglichst in die Primetime hineinzugelangen. Verständlich, wir haben jedoch ein Rundfunksystem, das den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den werbefinanzierten Rundfunk unterscheidbar halten muß. Wenn man die Konzessionen der 18 bis 20 Uhr-Werbung nicht mehr akzeptiert, die ja seit 1954 existieren (der ehemalige WDR-Intendant von Bismarck nannte dies seinerzeit einen Sündenfall und behielt auch recht damit), und daran auch noch beginnt zu drehen und auszuweiten, halte ich dies für unsinnig.

Wenn man die Reinheit des Systems als einen Zweck an sich ansieht - dies kann man durchaus - dann sollte man im öffentlich-rechtlichen Bereich auf Werbung vollkommen verzichten. Die Werbung im Fernsehen ist jedoch keine reine Pro und Contra-Diskussion. Es ist jedoch wie so oft im Leben: Beide Seiten haben sehr respektable Gründe für ihren Standpunkt. Dann muß es politisch entschieden werden. Unnötig ist jedoch eine Diskussion in der fünften Runde mit denselben Argumenten. Das ist Langeweile auf hohem Niveau.

 

Dr. Norbert Schneider ist Direktor der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) und Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).

 

 

Die werbungtreibende Wirtschaft tritt grundsätzlich dafür ein, die Freiheit der Werbung in allen Medien zu erhalten und auszubauen. Werbeverbote sind Ohrfeigen für den Verbraucher und behindern unsere notwendige Kommunikation mit ihm. Werbeverbote führen zur Intransparenz von Märkten und widersprechen dem Recht auf Meinungsfreiheit.

Wichtigster Werbeträger für Konsumgüter in Deutschland ist das Fernsehen. Die werbungtreibende Wirtschaft ist langjähriger und bewährter Partner der privaten Fernsehanstalten, aber auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Möglichkeit, bei ARD und ZDF vor 20 Uhr Werbung und nach 20 Uhr Sponsoring zu plazieren, ist für die werbungtreibende Wirtschaft auch deshalb besonders wichtig, weil damit wenigstens im Vorabend-Programm der TV-Werbemarkt vom Wettbewerb geprägt ist, eine Umleitung von rund 350 Millionen Euro in den ebenfalls quantiativ begrenzten privaten TV-Markt zu Preissteigerungen ohne Leistungszuwächse führen würde und die Programmangebote von ARD und ZDF auch vor 20 Uhr eine sinnvolle Ergänzung der privaten Programme darstellen.

Das Programmprofil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muß hierbei erhalten bleiben - nur so nämlich können wir durch Werbung die spezifischen Zielgruppen dieser Sender erreichen. Wenn Privatsender heute damit argumentieren, daß ihre Werbeeinbrüche im letzten und auch in diesem Jahr durch ein Verbot des Wettbewerbers aufgefangen werden sollten, so trifft dies den Sachverhalt am wenigsten: Der Rückgang der Spendings hat seine Ursache in der gesamtwirtschaftlichen Situation, von der im übrigen Werbungtreibende, Agenturen, private (auch im Print) und öffentlich-rechtliche Medien gleichermaßen betroffen sind. Keineswegs hat dies etwas damit zu tun, daß Werbefreiheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wenigstens in kleiner Form möglich ist.

 

Johann C. Lindenberg ist Vorsitzender des Markenverbandes e.V. und Vorsitzender der Geschäftsführung Unilever Deutschland GmbH.


 
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