© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/02 25. Oktober 2002

 
Konservativer Protest gegen die Windkraft
Naturschutz: Subventionierte Energiegewinnung zerstört Heimat und Landschaft
Volker Kempf

Will man den Etiketten Links und Rechts überhaupt etwas abgewin-nen, dann indem man den Fortschrittsglauben als "links" oder "progressiv" bezeichnet. Rechts oder konservativ wäre dann eine Haltung, die das alt Hergebrachte zu schätzen weiß. Mit der Propagierung der Windkraft feiert die Technik als Heilsbringer heutzutage fröhliche Urstände.

Daß sich da mit Bündnis 90/Die Grünen eine linke Partei hervortut, ist also durchaus konsequent. Die Grünen versprechen sich von der Windkraft, die Atomkraftwerke abschalten zu können. Diese seien nur noch Relikte eines alten Fortschrittsglaubens, der enttäuscht wurde. 40.000 Arbeitsplätze soll die Windenergie zudem sichern, denn bis Deutschland völlig mit Windanlagen überzogen ist, gibt es viel zu tun.

Wo große Versprechungen und Wünsche hineinspielen, wird dann allerdings schnell manipulativ gerechnet. So behauptet Peter Ahmels, Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE): "Mit der zurzeit installierten Leistung lassen sich in einem normalen Windjahr über 3,5 Prozent des deutschen Stromverbrauchs decken." Allerdings bringen die Anlagen wetterbedingt nicht immer Spitzenleistungen, so daß der reale Wert wohl um mindestens 70 Prozent geringer ausfällt.

Zudem müssen bei Flaute andere Energieerzeuger bereitstehen, so daß man allein auf diesem Wege AKWs nicht ersetzen kann. Auch Strom, der aus Wasserkraft, solarer Strahlungsenergie, Geothermie, Deponiegas, Klärgas, Grubengas oder aus Biomasse gewonnen wird, hat jeweils spezifische Nachteile (etwa CO2-Belastung), doch keine dieser Alternativen erlebt einen solchen Aufschwung. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden 828 Windräder mit einer Gesamtleistung von 1.087,7 Megawatt (MW) neu errichtet. Gemessen an dem Zubau im ersten Halbjahr des bisherigen Rekordjahres 2001 (821 MW von Januar bis Juni) bedeuten die knapp 1.100 MW des Jahres 2002 einen Zuwachs um rund 34 Prozent. Ende Juni 2002 waren bundesweit 12.250 Windräder mit einer Gesamtleistung von etwa 9.840 MW installiert, das sind über zwölf Prozent mehr als Ende 2001.

Der Traum von der Windenergie als Erlöser von Energieproblemen und von der Klimaerwärmung muß aber laut dem am 1. April 2000 in Kraft getretenen "Erneuerbare-Energien-Gesetz" (EEG) mit 0,09 Euro pro Kilowattstunde vergütet werden, was nicht marktwirtschaftlichen Preisen, aber der Subventionierung der Kohle entspricht. Laut EGG sind die Elektrizitätsversorger verpflichtet, Windkraftanlagen anzuschließen, den gesamten Windstrom "vorrangig abzunehmen" und den eingespeisten Strom nach den im Gesetz für die einzelnen Energieträger festgelegten Sätzen zu vergüten. Da aber Subventionen - auch nach Ansicht der Grünen - abgebaut werden sollen, müßte man konsequenterweise von einen Auslaufmodell Windenergie sprechen. Doch im neuen Koalitionsvertrag sprechen SPD und Grüne von einer "Fortsetzung der Energiewende", die Windenergie wird weiter gefördert. Im küstennahen Bereich sollen bis 2006 Windenergieanlagen mit mindestens 500 MW und bis 2010 mit 3.000 MW installiert werden.

Die schärfste Kritik am Fortschrittsglauben kam bisher aber immer von konservativer Seite, weil sie von ihrer Grundhaltung her großen Versprechungen gegenüber skeptisch ist, vor allem wenn sie zu Lasten des Gewachsenen gehen sollen. In konservativer Sicht ist eine unversehrte Landschaft höher zu bewerten als ein Windpark, wie auch ein Fluß mehr als eine Wasserstraße oder ein Energiespeicher ist.

Eine Landschaft ist immer auch Heimat, die den Einzelnen zu verzaubern vermag. Windanlagen hingegen sind ein Affront in jeder malerischen Küsten- oder Gebirgslandschaft. Heutige Windanlagen sind in Material und Farbe an die jeweilige Landschaft nicht angepaßt, was bei den alten Windmühlen noch anders war. Was in Debatten über die Ästhetik von Windkraftanlagen angeführt wird, sind häufig Vergleiche mit Strommasten. Auch AKWs wurden schon mit Windanlagen verglichen. Doch ein Kernkraftwerk sieht harmlos aus, birgt aber große Risiken.

Windanlagen hingegen sind ästhetisch besonders störend, weil sie sich im Unterschied zu Strommasten ständig bewegen. So häßlich also Windanlagen sind - so harmlos sind sie auch. Entscheidend bleibt aus konservativer Sicht, daß Windkraft die Heimat verschandelt - das paßt zu den "antinationalen" Grünen und Umweltminister Jürgen Trittin, dier heute im Namen der "Nachhaltigkeit" agieren. Der Sparzwang der Bundesregierung wird die Natur nicht von staatlich alimentierten Windrädern erlösen. Gar nicht zu reden von der Möglichkeit, die Zuwanderungsrate nach Deutschland abzusenken, was einen Bevölkerungsrückgang - und damit Energiebedarfssenkung - bedeuten würde. Statt dessen ist die Bevölkerung trotz sinkender Geburtenrate von 1992 bis 2001 um rund 1,5 Millionen Menschen angewachsen. Mit einer "Nachhaltigen Entwicklung" hat das nichts zu tun; es läuft ihr sogar genau zuwider.

Aber das scheint niemanden zu interessieren. Die Umwelt Direktinvest-Beratungs GmbH freut sich in ihrer Werbebroschüre "Windkraft. Optimal für Umwelt und Anleger" über den so entstandenen wachsenden Energiebedarf! Das mache mehr Windanlagen nötig und beschere den Aktionären mehr Rendite: "Und schließlich sorgt der steigende Energiebedarf für die langfristige Zukunftssicherheit der Investition in Windkraft." Daher weht also der Wind.

Die Kolumne "Rot-grüne Windräder" in der JF 40/02, Seite 9, stammte nicht von Volker Kempf, sondern von Alexander Barti. Wir bitten, das Versehen zu entschuldigen.


 
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