© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/02 01. November 2002

 
WIRTSCHAFT
Behördenbedingte Kündigungen
Bernd-Thomas Ramb

Die anstehenden Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gehen über das übliche Tauziehen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinaus. Über ihnen schwebt das Schwert leerer Staatskassen. Die Lohnforderungen der Arbeitnehmer stehen daher auf besonders unsicheren Füßen. Für die Angestellten zuständig verlangt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi eine vage drei vor dem Komma der Lohnsteigerung, der Beamtenbund konkret 3,5 Prozent mehr. Auf der Arbeitgeberseite fordert der Verhandlungsführer der Kommunen angesichts der leeren Kommunalkassen eine Nullrunde, während der Ländervertreter, der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU), einen Abschluß zwischen "Null und moderat" anstrebt.

Die Bundesregierung hält sich bislang bedeckt. Über Absprachen zwischen der regierenden SPD und den ihr traditionell - besonders bei Wahlen - nahestehenden Gewerkschaften kann nur spekuliert werden. Fest steht allerdings, daß schon jetzt über "Öffnungsklauseln" diskutiert wird. Danach könnten sich einzelne Städte, Kommunen oder Länder aus dem Tarifverband verabschieden und mit ihren Beschäftigten separate Vereinbarungen treffen. Fest steht auch, daß die übliche Rechnung bei Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst nicht angewendet werden kann: Lohnerhöhung gleich Produktivitätsfortschritt plus Inflationsausgleich.

Nicht, daß den Beamten und Behördenmitarbeitern ein Produktivitätsfortschritt abzusprechen sei, es fehlt schlicht am Steuereinkommen. Die bereits angedrohten "betriebsbedingten Kündigungen" dürften daher selbst bei einer Nullrunde für einzelne Kommunen unvermeidbar sein. Es sei denn, sie können einen Lohnverzicht vereinbaren.


 
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