© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/02 08. November 2002

 
WIRTSCHAFT
Der Euro - starr und dumm
Bernd-Thomas Ramb

Der Stabilitätspakt der Europäischen Währungsunion steht zur Disposition. Ursprünglich wurde er eingeführt, um den Stabilitätskriterien, die zur Aufnahme in den EU-Währungsverbund berechtigten, auch nach der Euro-Einführung weiterhin Geltung zu verschaffen. Den Befürchtungen der Gegner einer einheitlichen Währung sollte damit ein gewichtiges Argument genommen werden: Die einheitliche Währung könnte automatisch zu einem Wettlauf der Teilnehmerstaaten führen, wer am wenigsten zur Stabilität der Währung durch Staatsverschuldung und Wirtschaftsflaute beiträgt. Der Wechselkurs zwischen den Landeswährungen hatte bis dahin solche wirtschaftspolitische Vergehen mit Abwertung bestraft.

Nun hat kein geringerer als der Präsident der EU-Kommission hat den Stabilitätspakt nun als dumm bezeichnet. Die Begründung von Romano Prodi ist formalistischer Natur. Jede starre Regelung sei dumm. Dabei ist der Stabilitätspakt noch nicht einmal starr, sondern enthält flexible Grenzauslegungen, wie hoch die Neuverschuldung der einzelnen Teilnehmerstaaten in konjunkturellen Notzeiten ausfallen darf. Zudem besteht nur ein unverbindliches System der Bestrafung im Falle einer Regelverletzung. Und selbst wenn es zu einer finanziellen Strafe kommen sollte, die Möglichkeit, auch noch diese Bußzahlung durch entsprechend ausgeweitete Neuverschuldung zu finanzieren, bleibt unbenommen. Recht hat Prodi schon, wenn er starre Regelungen prinzipiell verurteilt. Die eigentliche Zielrichtung seines Vorwurfs ist jedoch die Europäische Währungsunion selbst. Der Euro ist die starre Regelung, die sich nun als dumm herausstellt. Seine Kritiker haben das schon vor über einem Jahrzehnt vorausgesagt.


 
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