© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/02 15. November 2002

 
Kolumne
Multikultistan
Klaus Hornung

Nachdem das "große Rad" (Joschka Fischer) am 22. September gedreht wurde und Rot-Grün mit den Methoden des "Rattenfängers von Hameln" einen makaberen Wahlsieg errang, wird nun mit unverfrorener Deutlichkeit immer klarer, wohin die Reise in der rot-grünen Zukunft gehen soll. Es soll die Phase des "Tiefpflügens" (Herbert Wehner) beginnen.

Zu den vielgepriesenen "Reformprojekten" gehört bekanntlich die Umgestaltung Deutschlands zu einer multikulturellen Gesellschaft. In der Regierungserklärung hat Gerhard Schröder sie in bürokratischem Deutsch als "umfassende Politik der Integration" von Ausländern umschrieben, denen eine "vollkommene Teilhabe an den Chancen und Pflichten unseres Gemeinwesens" in Aussicht gestellt wird, eine Aussage, die etwa Claudia Roth zu frenetischem Beifall hinriß. Der Klartext heißt für jeden, die Ablösung des historisch gewachsenen deutschen Volkes durch ein Multikultistan in Mitteleuropa.

Wie weit wir hier schon vorangekommen sind, belegen die Materialien des Statistischen Bundesamtes. Danach sind im Zeitraum zwischen 1991 und 2001 etwa eine Million Ausländer eingebürgert worden, natürlich unter Einschluß des aktiven und passiven Wahlrechts, so auch am 22. September. Die Mehrheit stellen dabei freilich nicht Menschen aus dem europäischen Ausland, sondern 55,5 Prozent von ihnen sind Moslems und 47,9 Prozent Türken, genau 486.521 Personen. Das Essener Institut für Türkeistudien hat dazu unmittelbar nach dem Wahltag mitgeteilt, daß von diesen über 60 Prozent SPD und 22 Prozent die Grünen gewählt haben. Im Klartext: Die Bundestagswahl 2002 war die erste, in der die Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik von Rot-Grün und das damit verbundene Wahlrecht für die Neubürger den Ausschlag für die Linkskoalition gegeben hat. Nach der leider wohl zu erwartenden Bestätigung des neuen Einwanderungsrechts vom Juni 2002 durch das Bundesverfassungsgericht wird dann auf dem Weg zu einer langfristigen Zementierung rot-grüner Wählermehrheiten in Deutschland vollends kein Halten mehr sein. Die deutsche "Altbevölkerung" wird damit immer mehr in die Minderheit gedrängt werden.

Mit Recht weisen die wenigen öffentlichen Stimmen zu dieser unheilvollen Entwicklung darauf hin, daß die Union sich weitere Programm- und Reformvorschläge wird schenken können, solange sie nicht mit aller Klarheit begreift, daß die Einwanderungspolitik längst zur Schlüssel- und Schicksalsfrage für Deutschland geworden ist.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung ist Politikwissenschaftler und Präsident des Studienzentrums Weikersheim.


 
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